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Für Donald Trump wird es spannend

Von Clemens M. Hutter

Gastkommentare
Clemens M. Hutter war Chef des Auslandsressorts bei den "Salzburger Nachrichten" Alle Beiträge dieserRubrik unter:www.wienerzeitung.at/gastkommentare

Die US-Verfassung begrenzt politische Macht durch wechselseitige Kontrollen zwischen Präsident, Kongress und Höchstgericht.


Der US-Senat muss bis Ende Juli über den Vorschlag des Präsidenten abstimmen, den vakanten Posten im Höchstgericht mit seinem konservativen Parteifreund Brett Kavanaugh zu besetzen. Die weitreichende Bedeutung dieser Abstimmung liegt darin, dass mit dem 53-jährigen Kavanaugh fünf Konservative und vier Liberale das Höchstgericht bilden, Höchstrichter auf Lebenszeit bestellt werden und das Höchstgericht mit seinen Entscheidungen auch Politik macht. So etwa 1973, als es die Abtreibung als persönliche Entscheidung legalisierte, oder 2017 mit der Billigung von Donald Trumps heftig umstrittenen Einreiseverboten für Bürger aus einigen mehrheitlich muslimischen Ländern.

Die Entscheidung des Senats ist völlig offen, weil 51 Republikanern 49 Demokraten gegenüberstehen. Ein republikanischer Senator kann wegen eines schweren Leidens nicht abstimmen, und zwei republikanische Senatorinnen haben schon mehrfach mit den Demokraten gestimmt und gelten nicht gerade als Anhängerinnen Trumps.

Das Höchstgericht ist eine Säule im System der US-Verfassung, Macht durch wechselseitige Kontrollen und Gleichgewichte aufzuspalten: Der Präsident ist zwar als Regierungschef und Oberbefehlshaber formal sehr mächtig, doch internationale Verträge oder Personalpolitik muss der Senat genehmigen. Der Kongress befindet über das Budget und könnte den Präsidenten durch Verweigerung von Finanzen buchstäblich lahmlegen. Und nur der Kongress kann Kriege erklären - mit der Einschränkung, dass der Präsident notfalls sofort handeln darf, der Kongress aber 90 Tage Zeit hat, dies zu korrigieren.

Die US-Verfassung von 1787 ist ein Muster an Kürze und Klarheit. Sie legt die Kompetenzen von Gesetzgeber, Regierung und Justiz fest und stellt damit wechselseitige Kontrolle und Gleichgewichte sicher. Dazu gehört noch das "Bill of Rights", die Liste der Grundrechte wie Trennung von Kirche und Staat, Religions, Meinungs-, Presse- oder Versammlungsfreiheit und das Recht, Waffen zu tragen. Diese Rechte erzwangen die 13 britischen Kolonien durch die Unabhängigkeitserklärung von 1776. Die britische Regierung hatte versucht, den Siebenjährigen Krieg durch höhere Steuern in den Kolonien zu finanzieren. Die Amerikaner jedoch bestritten das Recht Londons, Steuern von jenen einzuheben, die nicht im britischen Parlament vertreten waren.

Der US-Präsident kann auch mit Dekreten regieren, wie das Trump zu tun pflegt. Dann bleibt dem Kongress die Möglichkeit, diese mit "korrigierenden" Gesetzen auszuhebeln - das setzt aber eine entsprechende Mehrheit voraus. Bei der Zwischenwahl im November stehen die Mandate im Abgeordnetenhaus und ein Drittel des Senats zur Wahl. Verliert Trump im Abgeordnetenhaus 17 und im Senat 2 Sitze, hat er keine Mehrheit mehr im Kongress und muss die beiden letzten Jahre der Amtsperiode als "lahme Ente" überstehen. Dann nützt es ihm auch nichts, wenn sein Kandidat Kavanaugh Höchstrichter wird.

Gleichwohl hätte dies langfristige Folgen aufgrund der politischen Macht des US-Höchstgerichts. Wir stehen also vor einer spannenden Auseinandersetzung im Dreieck Präsident/Kongress/Höchstgericht.