Die Regierung in Rom hält die Absicht jener in Wien, Südtirolern, die dies wünschen, die österreichische Staatsbürgerschaft zu gewähren, für einen "mehr als feindseligen Akt" (Zitat Außenminister Enzo Moavero Milanesi). Dies als Reaktion auf Agentur- und Presseberichte, wonach der dies ermöglichende Gesetzesentwurf "bis auf wenige textliche Präzisierungen" bereits ausgearbeitet sei und nach der nächsten Sitzung der die gesetzliche Grundlage erarbeitenden Strategiegruppe (Rechtswissenschafter, Anwälte, Juristen der beteiligten österreichischen Ministerien) vorgelegt werden könne.

René Pollitzer, Österreichs Botschafter in Rom, pflegte daraufhin einen "freundschaftlichen Meinungsaustausch zum Thema Doppelpass für Südtiroler" mit Milanesi. Dabei dürfte er ihn mit der Wiederholung der von seiner Außenministerin Karin Kneissl vorgegebenen Formel - welche auch die offizielle Position der türkis-blauen Wiener Regierung ist - beruhigt haben: Das "im europäischen Geiste" angelegte Vorhaben solle "im permanenten Dialog mit Rom" verwirklicht werden.

Sollte es bei dieser und einer anderen öffentlichen Festlegung Österreichs bleiben, nämlich Südtirolern die Staatsbürgerschaft "nur im Einvernehmen mit Italien" zu erteilen, so liefe dies unweigerlich auf eine politische Selbstfesselung Österreichs hinaus. Rom lässt wohl kaum von seiner Verweigerungshaltung ab, die seine Diplomatie in Formeln zu kleiden vermag, derzufolge Wien sozusagen als Störenfried der - übrigens längst nicht mehr existenten - "gemeinsamen staatsbürgerschaftsrechtlichen EU-Verfahrensweise" und also der (auch in anderen Angelegenheiten ins Wanken geratenen) europäischen "Ordnung" erscheinen soll.

Inneritalienische Angelegenheit?

Seit der Annexion des südlichen Landesteils Tirols 1918 und mittels (Un-)Friedensvertrags von Saint-Germain-en-Laye 1919 legitimierten Einverleibung dieser durch 1915 vollzogenen Seitenwechsel erlangten Kriegsbeute gilt für Italien die vom einstigen Ministerpräsidenten Antonio Salandra (1853 bis 1931) geprägte Maxime vom "heiligen Eigennutz" ("sacro egoismo"). Wer auch immer vor und nach 1945 Italien regierte - stets betrachtete Rom wider Verträge und Bekundungen, wonach die mühsam erkämpfte (und immer wieder von Rom ausgehöhlte) Autonomie ein "Vorzeigemodell" sei und damit zusammenhängende Fragen "im europäischen Geiste" beantwortet würden, Südtirol als inneritalienische Angelegenheit.