Die derzeitige aus Lega und Fünf-Sterne-Bewegung gebildete Regierung dürfte das kaum anders sehen. Umso mehr, als sich deren "starke Männer", Innenminister Matteo Salvini (Lega) sowie Arbeits- und Sozialminister Luigi Di Maio (Fünf Sterne), nicht klar zur Causa äußern, hat das Wort des Staatspräsidenten Gewicht. Sergio Mattarella nannte das österreichische Vorhaben unverblümt eine "ohne Bedacht gefasste Initiative", welche das "Rad der Geschichte" zurückzudrehen beabsichtige. Mit Verlaub - dies ist pure Heuchelei.

Feste Parlamentssitze
für Auslandsitaliener

Natürlich weiß Mattarella, dass sein Land italienischstämmigen Bürgern anderer Staaten überall auf der Welt die Staatsbürgerschaft erteilt. Davon machten mehr als eine Million Menschen (insbesondere in Süd- und Nordamerika) Gebrauch. Italien hat eigens das 1975 getroffene Abkommen des Europarats zur "Verringerung von Fällen mehrfacher Staatsangehörigkeit" aufgekündigt und mit Gesetz 91/1992 nicht nur sein (von anno 1912 stammendes) Staatsbürgerschaftsgesetz entsprechend geändert, sondern auch mit Gesetz 124/2006 den im slowenischen Küstenland sowie in Kroatien (Istrien, Fiume, Dalmatien) ansässigen ethnischen Italienern den Erwerb seiner Staatsbürgerschaft eröffnet. Davon wiederum machten 37.000 Personen Gebrauch.

Zudem hat Italien allen Auslandsitalienern auch das aktive und passive Wahlrecht sowie feste Parlamentssitze (zwölf Vertreter in der Abgeordnetenkammer; sechs im Senat) zugestanden. Kein anderes Land, um dessen primäre Staatsbürger es dabei ja ging, ist um sein Einverständnis ersucht worden.

Österreich hingegen soll nicht Gleiches für die deutsch-österreichischen und ladinisch-österreichischen Südtiroler tun dürfen, deren Vorfahren Staatsbürger Österreichs waren wie die Istrianer, Fiumener und Dalmatiner (respektive die Nachfahren der nach Brasilien, Argentinien oder in die USA ausgewanderten Italiener) Staatsbürger Italiens? Soll etwa gelten, worauf die italienische Haltung - wie in der Selbstbestimmungsfrage, die es 1945/46 hinsichtlich Südtirols verweigerte, 1954 aber für Triest und das Hinterland gegenüber Jugoslawien beanspruchte - hindeutet, nämlich die altrömische Maxime "Quod licet Iovi non licet bovi" ("Was Jupiter erlaubt ist, ist dem Ochsen nicht erlaubt")?

Mitnichten. Niemand kann Österreich untersagen, im eigenen nationalen Interesse zu handeln und kraft eigener Souveränität die rechtliche Grundlage für die im Regierungsübereinkommen von ÖVP und FPÖ (vom 19. Dezember 2017) vorgesehene Erteilung der österreichischen Staatsbürgerschaft zu schaffen, welche für "die Angehörigen der Volksgruppen deutscher und ladinischer Muttersprache in Südtirol, für die Österreich auf der Grundlage des Pariser Vertrages und der nachfolgenden späteren Praxis die Schutzfunktion ausübt", gelten soll.

Besagter Personenkreis bliebe, sofern von den 528.379 Südtirolern alle gemäß dieser Definition Anspruchsberechtigten (62,3 Prozent deutsch-österreichischer Ethnizität - 329.180 Personen; 4,1 Prozent ladinisch-österreichischer Ethnizität - 21.663 Personen) tatsächlich den österreichischen Pass beantragten und annähmen, weit unter der Zahl der gut 1,2 Millionen Auslandsitaliener, denen ein italienischer Pass zuerkannt wurde.