Auch Trentiner und Ladiner hätten Recht auf Doppelpass

Im Übrigen hätten, wenn Wien den Kreis der Anspruchsberechtigten nach Art Italiens festlegen wollte, auch die Trentiner - wie die Südtiroler zuvor Staatsbürger Österreich(-Ungarn)s - ein Anrecht auf "Wiedererlangung der österreichischen Staatsbürgerschaft". Die Trentiner Autonomistenpartei PATT mahnte bereits, Wien möge "die im Trentino lebenden Nachkommen ehemaliger Bürger der k.u.k.-Monarchie nicht vergessen; auch unsere Vorfahren waren Bürger von Österreich-Ungarn; auch unsere Großväter sind im Ersten Weltkrieg zu Tausenden in den Reihen des Heeres Kaiser Franz Josefs gestorben".

Darüber hinaus wäre es nur folgerichtig, auch die Ladiner der Gemeinden Cortina d’Ampezzo, Colle Santa Lucia und Livinallongo del Col di Lana in den Kreis der Anspruchsberechtigten aufzunehmen, deren unbestreitbare Tiroler Geschichte in nichts von jener der Kommunen Südtirols abweicht - außer dass sie unter Benito Mussolini gegen ihren Willen der Provinz Belluno zugeschlagen wurden.

Würden letztgenannte Personenkreise Berücksichtigung finden - was nach Koalitionsvorgabe sowie aus der Strategiegruppe durchgesickerten Informationen auszuschließen ist -, so wäre unter dem von Regierungsseite bekundeten Aspekt unbedingter Einvernahme mit (dem ohnedies abweisenden) Italien das Vorhaben überfrachtet und wahrscheinlich chancenlos.

Angesichts all dessen fragt man sich unwillkürlich, wieso niemand den Schneid besitzt, dem italienischen Gegenüber (und der internationalen Öffentlichkeit) nicht nur dessen eigenes Verhalten in Staatsbürgerschaftsangelegenheiten vorzuhalten, sondern auch auf das alleinige Recht des souveränen Österreich hinweisend zu bestehen, seine Staatsbürgerschaft zu verleihen, wem immer es will.

Es gibt im nachbarschaftlichen Verhältnis wie in der internationalen Politik nicht nur Partner, sondern auch (nationale) Interessen. Wien hat es nicht nötig, in Rom zu antichambrieren. Außenministerin Kneissl sollte sich daher beim Wort nehmen und ihre zutreffende Sentenz, welche sie unlängst - auf die Außen- und Energiepolitik der EU gemünzt - verwandte, als österreichische Handlungsmaxime vorgeben: Es sei "hoch an der Zeit" für "eine von eigenen Interessen geleitete Politik", schrieb sie unlängst in der "Presse". In der "Causa Staatsbürgerschaft für Südtiroler" ist sie, wie die gesamte Bundesregierung, daran zu messen.

Die Bundesregierung will Südtirolern die österreichische Staatsbürgerschaft ermöglichen. Dagegen richtet sich Sperrfeuer aus Italien. Doch niemand kann Wien zu tun verbieten, was Rom für ethnische Italiener im Ausland seit den 1990ern tut.