"Wir befinden uns auf dem einzigen bekannten Planeten, auf dem es Leben gibt, und sind in eine höchst gastfreundliche Epoche hineingeboren mit - in erdgeschichtlicher Perspektive - ziemlich ausgewogenen und wirtlichen Temperaturen. Wir müssten verrückt sein, wenn wir uns selbst aus diesem Sweet Spot des Holozäns hinauskatapultieren würden", schreibt die britische Umweltökonomin Kate Raworth in ihrem Buch "Donut-Ökonomie".
Doch genau das tun wir. Der Klimaforscher Paul Crutzen hat hierfür den Begriff "Anthropozän" geprägt. Dieser bezeichnet eine Zivilisationsstufe, die zu irreversiblen menschengemachten Veränderungen der Lebensbedingungen auf unserem Planeten führt. Das Wissen über den Klimawandel ist vorhanden. Dass er von unserer Art zu wirtschaften und zu leben verursacht wird, wird kaum mehr bestritten. Die Befunde sprechen eine klare Sprache. Und dennoch tut sich die internationale Klimapolitik immer noch schwer. Warum ist das so? Erklärungen bieten sozialwissenschaftliche und psychologische Befunde, die auf systemische Fallen verweisen.
Noch sind wir Verdrängungskünstler
Die Transformationsforschung erkundet die Gelingensfaktoren und Barrieren für gesellschaftlichen Wandel. Oder anders formuliert: Sie fragt danach, ob und wann Gesellschaften lernen, sich neuen Herausforderungen zu stellen und Zeichen für notwendige Veränderungen zu erkennen. Dabei zeigt sich: Wir Menschen sind Verdrängungskünstler, nehmen Bedrohungen erst wahr, wenn wir diese am eigenen Leib verspüren, und blenden Widersprüche aus, wenn diese nicht in unser Komfortschema passen. In der Psychologie spricht man von "kognitiven Dissonanzen". Zudem gewöhnen wir uns an Horrormeldungen, nehmen diese zur Kenntnis und gehen zum gewohnten Alltag über. Da spricht man von "psychischer Reaktanz". Kassandra-Rufe werden tunlichst überhört, die Warner als Störenfriede hingestellt. Das Hineinschlittern in die beiden Weltkriege sind beredte Beispiele dafür.
Wichtige Aufschlüsse für die Schwierigkeiten von Klimaschutz geben Erkenntnisse der Spieltheorie, etwa das "Gefangenendilemma" oder das "Tit for tat"-Prinzip. Solange sich andere nicht ebenfalls ökologisch verhalten, sehen wir nicht ein, warum wir selbst es tun sollen. Und aus systemischer Sicht macht es in der Tat wenig Sinn, wenn sich nur wenige verändern. Gemeingüter wie das Klima können eben nur geschützt werden, wenn sich die Regeln für alle ändern. Das gilt für uns Bürger ebenso wie für Unternehmen und Staaten.