Zum Hauptinhalt springen

Eine dynamische Stadt

Von Gunter Amesberger

Gastkommentare

Eine Replik auf den Gastkommentar von Reinhard Seiß: "Jenseits der Schamgrenze" (27. September).


Lassen Sie mich zunächst Folgendes (durchaus emotional zu verstehen!) anmerken:

Ich habe den Eindruck, Dr. Seiß versucht offensichtlich seit Jahren, seinem scheinbar festgefahrenen und von ihm auch immer wieder über andere Städte in der gleichen Art und Weise gezeichneten Bild von den auf Gewinn ausgerichteten (und damit offensichtlich bösen) Investoren und den ermöglichenden und gegenüber einer dynamischen und sich ändernden Stadtentwicklungs- und Baukultur offen und positiv agierenden (und damit offensichtlich willfährigen) Politikern und Beamten durch mantraartiges, in den Sachargumenten nicht differenzierendes Wiederholen von Behauptungen vermeintlich mehr an Wahrheitsgehalt zu verleihen.

Das ist wohl Behauptungsjournalismus im besten Sinne, da vermutet werden muss, dass persönliche Gespräche mit den genannten Personen und eine sorgfältige Recherche scheinbar zu aufwendig waren und daher erst gar nicht oder nicht ausreichend durchgeführt wurden. Das Ergebnis: Der Kommentar strotzt von voreilig gezogenen Schlüssen sowie von Verwechslungen der Zuständigkeiten von Stadt Linz, Land Oberösterreich und Bund. Es besteht das offensichtliche Ziel, mit ausschließlich negativen Aussagen eine sehr einseitige Reportage über die Stadtentwicklung von Linz zu verfassen.

Die in der Tradition eines klassischen Pamphlets verfassten Behauptungen werden wohl nicht nachhaltig wirken. Dennoch erscheint es geboten, schon alleine im Sinne einer umfassenderen Information, auf einzelne grundsätzliche Punkte einzugehen und das Bild der Stadtentwicklung in Linz zurechtzurücken.

Eine gänzlich andere Sicht

Ja, die Stadt Linz ist dynamisch, dynamischer als manch andere Stadt. Und ja, Linz verändert. Das ist nicht nur der Wortlaut der Corporate Identity der Stadt, sondern Veränderung passiert tatsächlich und tagtäglich. Und bei aller positiver Stimmung und sogar Euphorie in weiten Bereichen der Bevölkerung - eine gerade durchgeführte Bevölkerungsbefragung unter mehr als 10.000 Bürgern bestätigt dies eindrücklich - ist die Dynamik dieser Stadt wohl auch einer der Hauptgründe für die gleichzeitige Existenz von Unbehagen in Teilen der Bevölkerung. Verunsicherung wegen der Veränderung, Angst vor Neuem als Triebfeder einer oft nicht sachlich begründbaren Gegenposition.

Dies gilt es einerseits zu respektieren, andererseits ist es jedoch geboten, die Prinzipien der Linzer Stadtplanung immer wieder entsprechend zu kommunizieren. Und - das ist entscheidend! - entgegen der Meinung der Kritiker ist die Stadtentwicklung in Linz nicht beliebig, sondern folgt klaren Prinzipien: Linz ist eine Stadt der Ermöglichung, und es wird zum Unterschied vom "normativen Weg" schwerpunktmäßig der "diskursive Weg" in der Stadtentwicklung beschritten.

Das heißt, bei einem Bauvorhaben - egal in welchem Maßstab, ob nun Baulückenverbauung oder Schaffung eines neuen Stadtquartiers - werden selbstverständlich aufbauend auf den Grundlagen Örtliches Entwicklungskonzept und Flächenwidmung alle Stakeholder in den unterschiedlichsten Formen in den jeweiligen Prozess eingebunden. Und das bedeutet nun einmal, dass neben Bewohnervertretern, Interessenverbänden, Planern, Politikern, Experten eben auch Investoren als Partner und nicht als Gegner gesehen werden. Jeder kann Ideen einbringen, die dann diskutiert werden. Ein solcher Prozess kann schon einmal mehrere Jahre dauern. Gerade eben wurde beispielsweise ein nach Meinung aller Beteiligten sehr erfolgreiches kooperatives Verfahren zur Erlangung eines städtebaulichen Entwurfes im Bereich der ehemaligen Kaserne Ebelsberg durchgeführt.

Für die Errichtung eines Hochhauses etwa müssen im Rahmen eines solchen Prozesses einige grundlegende Dinge bearbeitet werden, ohne deren Erfüllung eine weitere Entwicklung ausgeschlossen wird. Dazu zählen etwa Verkehrsgutachten, Beschattungsstudien, Windstudien zum Thema Stadtdurchlüftung und Windsicherheit. Aspekte des Mehrwertes sowie der städtebaulichen Einbindung werden ebenso abgefragt. Eine Bürgerkonsultation, bei der auch die Meinung der betroffenen Bevölkerung einzuholen ist, rundet das Verfahren ab. Dieses Zehn-Punkte-Programm wurde bereits 2013 mit dem Örtlichen Entwicklungskonzept im Gemeinderat der Stadt Linz beschlossen und dient seither als ernstzunehmende Entscheidungsgrundlage für den Bau von Hochhäusern.

Kommt es dann in der Folge tatsächlich zu einem Bebauungsplanänderungsverfahren, so ist dieses natürlich ordnungsgemäß abzuführen, die Planungsansätze sind hinreichend zu begründen und abschließend im Gemeinderat zu beschließen. Die sachgemäße Beurteilung der ortsbildmäßigen Belange erfolgt im Gestaltungsbeirat oder über einen Realisierungswettbewerb. Die Wahl für die Methode liegt beim Bauherrn. Die dann folgende Bauverhandlung und -bewilligung sind rechtliche Grundlagen für den Bau.

Im Idealfall steht am Ende eines solchen Prozesses ein neues Stück qualitätsvoll gestalteter Stadt.

Zum Autor