Armut ist offenbar so ungesund wie das Rauchen. Sie senkt zumindest die Lebenserwartung. Das ist sadistisch, Tschuldigung: statistisch erwiesen. Jetzt haben die Armen sowieso schon weniger vom Leben und sogar davon werden ihnen dann noch ein paar Jahre abgezogen. (Ob die umgehend den Reichen überwiesen werden? Im Rahmen dieser "Umverteilung von unten nach oben"?) Aber wenigstens ist das Ganze sozial gestaffelt. Je nachdem, ob man bloß armuts- oder ausgrenzungsgefährdet, bereits manifest arm oder überhaupt dauerhaft manifest arm ist, verliert man mehr oder weniger Jahre. Die Ärmsten sterben am frühesten. Äh, ist das nicht eher besonders asozial? Na ja, dafür sind sie länger tot, die Armen. Das bringt meinem Lieblingsarbeitslosen herzlich wenig. Der ist Atheist. Für den existiert nix nach dem Tod. Was natürlich ungerecht ist. Doch da kann vermutlich nicht einmal der Europäische Gerichtshof was machen. Entscheiden, dass die andern ebenfalls kein Leben 2.0 haben dürfen. Weil entweder ein Paradies (und eine Hölle) für alle oder für keinen.

Der Bernard G. (sein richtiger und vollständiger Name steht wieder auf einem weißen Plastikarmband - okay, besser als auf einem Karterl am großen Zeh) ist jedenfalls derzeit im Spital. Nein, er wird nicht gegen Armut behandelt. (Mit dieser ominösen "Finanzspritze".) Er kriegt seinen fünften Stent. (Vielleicht.) An seinem Herzinfarkt vor einem Jahr muss aber eigentlich gar nicht die Armut schuld sein. Getschickt hat er ja schon, als er noch super verdient hat. Als Manager. Hm. Und wie viele Jahre werden ihm nun abgezwackt? Kommt drauf an. Falls bei ihm eine "Armuts- oder Ausgrenzungsgefährdung" vorliegt: 4,2. Bei "manifester Armut": 11,2. Und bei "dauerhaft manifester Armut": 12,0! Als manifest arm gilt zum Beispiel jemand, der Probleme hat, die Wohnung zu heizen. He, trifft genau auf den Bernard zu. Grad erst ist seine Therme eingegangen. Kein warmes Wasser. Und in der Küche hat er sogar seinen Atem gesehen. Kunststück, das ist sein Raucherkammerl. Erfroren wäre er dort trotzdem fast. Weil er bei offenem Fenster gequalmt hat. Wegen der Frischluft. Ich war echt kurz davor, ihm meinen Röhrenfernseher zu borgen, damit er sich an dem ein bissl wärmen kann. Das Kastl wird nämlich ziemlich heiß (nicht bloß bei Actionfilmen), und der Bernard kann sich die Reparatur der Therme eh nicht leisten. 750 Euro, bitte. Noch dazu hat ihm die Bank den Überziehungsrahmen plötzlich gekürzt. Auf 1100 Euro. Und er führt halt nicht nur in der Küche ein Leben unter null. Auch auf dem Konto. Bis Monatsende kann er jetzt nix mehr ausgeben. (Hat er keine Kreditkarte?)

Sodala. Laut Lebenserwartungsrechner der Statistik Austria wird er also 81 (ergibt sich aus Geburtsdatum und Geschlecht). 12 weg, macht 69. Als Frau würde er allerdings 76 werden. Hätte außerdem lediglich neun Jahre Abzug. (Von 85 Jahren brutto!) Aber leider hat er nicht das Geld für einen Anwalt, um gegen diese geschlechtliche Diskriminierung zu klagen. Sonst müsste ihm die Krankenkasse sicher eine Geschlechtsumwandlung zahlen. Als lebensverlängernde Maßnahme. (Wenn der Niki Lauda eine Lunge kriegen kann, wird man für ihn ja wohl noch Brüste haben.) Und was, wenn ihn vorher die Tschick und sein Herz umbringen? Dann ist es auch schon wurscht, dass er nachher viel zu jung an der Armut sterben wird.