
Goddag! "extra"-Ressortleiter Gerald Schmickl.
Goddag oder - amikaler - Hej: So begrüßt man sich in Dänemark (wobei zweite Grußformel stets mit Hej Hej beantwortet wird). So weit sind meine Dänischkenntnisse bereits gediehen (und Tak für Danke geht mir auch schon flott von der Zunge). Ich finde, es wird Zeit, ein bisschen etwas von der Sprache zu verstehen, die dieses bemerkenswerte Land spricht. Denn bemerkenswert ist es - zumindest aus österreichischer Perspektive - gleich in mehrfacher Hinsicht.
Beginnen wir beim zurzeit naheliegendsten Thema, bei Corona, wo der Unterschied noch am geringsten ist. Auch Dänemark hat steigende Inzidenzen (zuletzt 515 bei 7 Tagen), aber immerhin eine Impfrate von fast 77 Prozent (und kaum Corona-Leugner). Für den Rest setzt man auf direkte, aufsuchende Angebote (statt einer Impfpflicht), denn - wie der dänische Medizinexperte Martin Sodemann kürzlich dem deutschen Magazin "Spiegel" erklärte - "viele Ungeimpfte misstrauen nicht den Corona-Vakzinen, sondern unserer Gesellschaft. Sie haben andere Erfahrungen gemacht als die Mehrheit." Daher brauche es "weniger allgemeine Informationen und mehr Angebote vor Ort".
Im Fußball ist der Unterschied schon deutlicher: Während sich Österreich durch die WM-Qualifikation mühte (und nur dank Nations League und viel Glück noch aufs Playoff im nächsten Frühjahr hoffen darf), gewannen die Dänen bis auf das allerletzte Match (0:2 gegen Schottland) alle ihre Spiele - mit einem Torverhältnis von 30:3 (Österreich: 19:17).
Am eklatantesten ist der Unterschied aber beim Fernsehen, vor allem bei TV-Serien. Während man hierzulande von einem "Landkrimi" zum nächsten stolpert, liefert das kleine nordische Land seit rund zwei Jahrzehnten internationale Topware. Und es sind nicht nur die längst zu Klassikern des Genres Nordic Noir gewordenen düsteren Thriller wie "Kommissarin Lund", "Die Brücke" (eine dänisch-schwedische Koproduktion) oder zuletzt "Der Kastanienmann" (auf Netflix), sondern Serien, die weitgehend ohne Gewalt und Krimihandlung auskommen - und dafür gesellschaftliche Problemlagen ganz anderer Art zeigen und thematisieren.
In Sachen Politik(-Darstellung) steht hier "Borgen" an vorderster Stelle (welche Serie bis in die reale Politik Dänemarks Einfluss nahm). Aber auch in Bereichen wie Pädagogik ("Rita"), Religion ("Die Wege des Herrn", mit dem großartigen Lars Mikkelsen als trinkfreudigem Pastor) oder Familien-Zwistigkeiten ("Die Erbschaft") entwickelt und entfaltet man mit TV-Serien eine sozial breit gestaffelte, so tiefgehende wie menschlich anrührende Comédie humaine im Balzacschen Sinne. Und in "Helden am Herd" zeigen die Dänen, dass sie sich auch auf schrägen finnischen Humor à la Kaurismäki verstehen.
Was in der Nachfolge Goethes für viele Italien wurde (und bis heute ist), nämlich ein Sehnsuchtsland, das könnte in Zukunft Dänemark werden. In zehn bis zwanzig Jahren passt dort auch das Klima. Vi ses snart (= Wir sehen uns bald).