Jetzt wird’s unappetitlich. Jetzt erst? Aber irgendwas muss man halt essen. Inzwischen ist es freilich bereits so weit, dass sich viele nur noch mit der Lupe in den Supermarkt trauen. Und nach Krabbelviechern suchen. Seit die EU die in den Regalen erlaubt hat. Im Ernst? Auf dem Brot, den Keksschachteln et cetera wurlt es ab sofort von Kakerlaken, Motten, Gemeinen Speckkäfern und Rotbeinigen Schinkenkäfern? Blödsinn. Nicht auf dem Brot, den Keksschachteln et cetera. Darin!

Genau genommen handelt es sich jedoch vielmehr um Hausgrille, Mehlwurm, Heuschrecke und neu: den Getreideschimmelkäfer. (Wobei von Letzterem eh nicht die krabbelnde Variante als "neuartiges Lebensmittel" zugelassen ist. Lediglich die kriechende. Die Larve.) Nicht, dass das gustiöser klingen würde. Wurlen tut allerdings sowieso nix mehr. Sind alle tot. Sogar pulverisiert. Selbst mit der Lupe dürfte es da schwierig werden mit der Identifizierung. Und woran wollen die mündigen Konsumenten die dann noch erkennen? Na ja, am Namen. Muss auf der Verpackung angeführt werden. Petra, Chantal, Rudi? Falsch. Acheta domesticus, Tenebrio molitor, Locusta migratoria und Alphitobius diaperinus. Weil wer brächte es fertig, eine Petra zu verspeisen? Oder eine Chantal oder einen Rudi? Und die Lupe braucht man, damit man die Zutatenliste überhaupt lesen kann.
Ekelmehl im Kuchen? Versteckte Fette, die würden ja noch gehen, doch eine versteckte Dschungelprüfung? Hm. Auf einmal werden wir heikel. Dabei ist’s auch schon wurscht. Apropos Frankfurter: Schweindln, die in ihren eigenen Dünndarm gequetscht werden. Ach so, in den von einem Schaf (Tschuldigung). Wer denkt sich so was Perverses aus, bitte? Für die Käseherstellung werden sogar Säuglinge geschlachtet (okay, bloß welche, die vier Mägen haben), um an ein Enzym, das Lab, im vierten Magen ranzukommen. (Wieso macht man nicht einfach eine Magenverkleinerung? Drei Mägen müssten doch reichen, oder?) Und was wir uns in der Früh aufs Semmerl schmieren, das hatte bereits wer im Mund, hallo? Hat es wieder ausgespuckt, erneut aufgeschlürft . . . Äh, die Früchte für die Marmelade werden vorgekaut? Nein, der Honig. Von der Biene. Und nicht wirklich gekaut. Aber die hat so einen Honigmagen. Abgesehen davon, dass Honig ein Produkt aus Massentierhaltung ist, trinken die Erzeugerinnen von Waldhonig noch dazu die Ausscheidungen von Baumläusen. Bevor sie die wieder ausspucken und so weiter.
Grillen und Mehlwürmer können mich echt nimmer schrecken. Von denen kriegt man wenigstens Muskeln. Und lieber Insekten als Menschen. Weil irgendwann ist’s wie in "Soylent Green", diesem sich immer mehr bewahrheitenden Ökothriller, aus dem Jahr 1973, in dem man auf einer heißen, überbevölkerten Erde nur noch grüne, angeblich aus Plankton gemachte Nahrungsplättchen der Firma Soylent vorgesetzt kriegt und wo Charlton Heston am Ende hysterisch schreit: "Soylent Grün ist Menschenfleisch!"
Bei uns werden die Lebensmittel anscheinend ebenfalls schön langsam knapp. Überall ist immer weniger drin und kostet trotzdem mehr. Ich sollte direkt selber eine Lupe zum Billa mitnehmen. Und wenn auf dem Tofu bei den Ingredienzien dabeisteht "Homo sapiens", hat sich mein Verdacht bestätigt. Das ist Soylent Gray.