Zu schön, um auszusterben - und trotzdem gilt das Braunkehlchen als stark gefährdet. 
- © Frank Vassen from Brussels, Belgium, CC BY 2.0 , via Wikimedia Commons

Zu schön, um auszusterben - und trotzdem gilt das Braunkehlchen als stark gefährdet.

- © Frank Vassen from Brussels, Belgium, CC BY 2.0 , via Wikimedia Commons

Was Österreich und Deutschland trennt, ist nicht nur die gemeinsame Sprache. Auch die Wahl zum Vogel des Jahres zeigt traditionell Abweichungen auf. Nach dem zerzausten Wiedehopf als Echo der Corona-Phasen ohne Friseurbesuch in Deutschland und der wiederum in Österreich auserkorenen Mehlschwalbe im Jahr 2022 sowie dem Rotkehlchen (Deutschland) und dem Girlitz (Österreich) im Jahr davor gibt es heuer allerdings eine Überraschung. Nach seiner Erstkür bei unseren nördlichen Nachbarn im Jahr 1987 hat es das Braunkehlchen im Kalenderjahr 2023 sowohl in Deutschland als auch in Österreich zum Vogel des Jahres geschafft.

Der arme Piepmatz kann da natürlich gar nichts dafür, aber allein politisch gesehen ist diese Entscheidung nur schlüssig. Mit rassistischen und anderweitig dumpfsinnigen Äußerungen durch "Braunkehlchen" mit Parteihintergrund kennt man sich in Sachsen-Anhalt ebenso aus wie im hiesigen Milieu der Landbauern und Waldhäusln. Dem Piepmatz gleichen Namens ist damit allerdings Unrecht getan. Der bis zu 14 Zentimeter große Singvogel aus der Gattung der Wiesenschmätzer rührt mit seinem Gesang nämlich nicht zuletzt dann ans Herz, wenn er seinen Balzruf anstimmt, um für Frau Braunkehlchen in spe zu zwitschern. Die Sprache der Liebe, gesanglich vorschnabuliert.

Der Anlass seines "Wahlerfolges" ist hingegen durch und durch traurig. Der zierliche Langstreckenzieher mit einem Gewicht von bis zu 24 Gramm, der für sein Winterquartier südlich der Sahara mehr als 5.000 Flugkilometer absolviert, ohne dafür wie menschliche Zugvögel mit Statusmeilen belohnt zu werden, gilt als stark gefährdet. Mit einem Rückgang seines Bestandes um laut Farmland Bird Index 63 Prozent seit dem Jahr 1998 ist die Lage nicht hoffnungslos, aber ernst. Oder wie es Katharina Bergmüller von BirdLife Österreich formuliert: "Ohne den Schutz der letzten Brutbestände und die Bereitstellung von spät gemähten Wiesen und Wiesenbrachen, werden wir das Braunkehlchen als Brutvogel bald verlieren."

"Das Verschwinden von blütenreichen Wiesen und Brachen, der Verlust von abwechslungsreicher Vegetation mit höheren Halmen, Büschen und Ansitzarten sowie der Insektenrückgang" tragen demnach die Hauptschuld an der Misere. Extensive Landwirtschaft und gezielte Vogelschutzprogramme hingegen sind Hilfsangebote und Schutzschirme für unseren gefiederten Freund, dem man laut BirdLife Österreich aber auch durch Bewusstseinsschaffung (hiermit sehr gerne geschehen!) unter die Flügel greifen kann.

Weil Bewusstseinsschaffung auch im Kulturbereich nottut, sei abschließend noch auf eine junge österreichische Band hingewiesen, die ihrerseits den schönen Namen Bird Of The Year trägt. Ob es sich bei Bird Of The Year auch um eine Band des Jahres handelt, wird allerdings erst noch zu klären sein.