Heute ist Aschermittwoch, in dieser Glosse geht es aber um den gestrigen Tag. Ein Mitarbeiter von Radio Wien rief mich vor kurzem an und stellte mir eine Frage, die eigentlich ganz einfach aussah: "Was ist richtig: Faschingsdienstag mit Fugen-s oder Faschingdienstag ohne Fugen-s?"

Robert Sedlaczek ist Autor zahlreicher Bücher über die Sprache, jüngst ist bei Haymon "Sprachwitze. Die Formen. Die Techniken. Die jüdischen Wurzeln. Mit mehr als 500 Beispielen" erschienen.
Robert Sedlaczek ist Autor zahlreicher Bücher über die Sprache, jüngst ist bei Haymon "Sprachwitze. Die Formen. Die Techniken. Die jüdischen Wurzeln. Mit mehr als 500 Beispielen" erschienen.

Meine spontane Antwort lautete: "Natürlich mit Fugen-s. Es heißt ja auch Faschingsball, Faschingskostüm, Faschingsscherz und so weiter."

Er hätte das Telefoninterview am liebsten gleich gemacht, aber ich bat mir Bedenkzeit aus. Von früheren Recherchen wusste ich nämlich: Wir Österreicher haben eine Vorliebe für den Gleitlaut innerhalb eines zusammengesetzten Wortes - es handelt sich in den meisten Fällen um einen Laut zur Erleichterung der Aussprache, nicht um eine Genitiv-Endung. Die Deutschen verzichten hingegen oft auf das Fugen-s und stellen die beiden Wörter einfach nebeneinander. Wir Österreicher sagen also Zugsabteil und nicht Zugabteil, Fabriksverkauf und nicht Fabrikverkauf; wir haben das Gefühl, dass die Wörter so besser auszusprechen sind, aber vielleicht ist es auch nur Gewohnheit.

Ich weiß, es gibt einige Ausnahmen, die bekannteste betrifft Zusammensetzungen mit Advent-. Wir sagen Adventkalender, Adventkranz und Adventzeit, in Deutschland hingegen heißt es Adventskalender, Adventskranz und Adventszeit. Wenn es um religiöse Festtage geht, sind wir heikel, achten auf unsere nationale sprachliche Identität, auch wenn sie nicht erklärbar ist.

Ich setze mich also zum Computer und tippe in die Google-Suchmaske das Wort ohne Fugen-s ein - und bekomme für Wien und Umgebung jede Menge Veranstaltungshinweise für den "Faschingdienstag". Erstaunlich! Dann ein Blick in die Wörterbücher. Der Rechtschreib-"Duden" schert alles über einen Kamm, schreibt immer das Fugen-s vor, auch beim letzten Tag im Fasching.

Aber was macht das für uns maßgebliche "Österreichische Wörterbuch"? Auch dort haben alle Komposita mit Fasching- ein Fugen-s, nur bei einem einzigen Wort gibt es zwei Eintragungen: "Faschingdienstag" und "Faschingsdienstag". Das amtliche Wörterbuch, das an den Schulen Standard ist und damit auch indirekt als Gradmesser für Benotungen herhält, konstatiert also: Beides ist richtig!

Ich finde, das ist gut so. Wenn sich das ganze Land nicht einig ist, dann soll es jedem Schüler freigestellt sein, wie er das Wort schreibt.

Ich habe mich gefragt, warum bei uns gerade der letzte Tag des Faschings aus der Reihe tanzt. Dazu eine Vermutung: Bei religiösen Feiertagen empfinden wir die Formen mit Fugen-s als typisch für einen uns "fremden" Sprachgebrauch. Als österreichisch gelten nämlich bei diesen Feiertagen die Formen mit dem lateinischen Genitiv-i in der Mitte. Wir sagen also nicht Stephanstag, sondern Stephanitag, der Tag des heiligen Stephan, in gleicher Weise sagen wir nicht Josefstag, sondern Josefitag, wir essen nicht eine Martinsgans, sondern ein Martinigansl.

Vielleicht haben deshalb viele mit dem Fugen-s beim Faschingsdienstag ihre Probleme; sie sind den s-Einschub bei Angaben aus dem Kalender einfach nicht gewohnt, empfinden ihn als fremd. Sie sagen also Faschingdienstag, obwohl sie Faschingskrapfen essen.