Komponisten haben es ihm von früher Kindheit an angetan, weniger ihre Musik: Gerald Schmickl.

Komponisten haben es ihm von früher Kindheit an angetan, weniger ihre Musik: Gerald Schmickl.

Als Kind hatte ich eine seltsame Marotte: Ich lernte die Zugehörigkeit von Opern und Komponisten auswendig. Ich konnte also von fast jedem Werk den Verfasser nennen, was vor allem meine Großeltern gerne streng, aber auch etwas staunend überprüften. Es war mir - als Siebenjährigem - keinerlei Problem, etwa die Oper "Tiefland" sogleich Eugène d’Albert zuzuordnen, und vermutlich wusste ich damals (wofür ich nunmehr Wikipedia konsultieren muss) auch die etwas komplizierte Abstammungsgeschichte dieses (1864) in Deutschland als Sohn eines französischen Vaters und einer englischen Mutter geborenen Komponisten. Oft konnte ich auch einiges über den Inhalt der jeweiligen Werke wiedergeben - nur eines interessierte mich dabei überhaupt nicht: die Musik.

Dabei ist es im Wesentlichen geblieben. Daher folgte aus diesem einseitigen Interesse auch kein weiterführendes an dem gesamten Genre. Ich wurde (wahrscheinlich zur Enttäuschung meiner Großmutter, die - mit absolutem Gehör ausgestattet - Opernliebhaberin war) kein Opern-Fan oder gar -Stehplatzbesucher. Mir blieb diese - wie ich bis heute finde - emotional übertriebene Dramatik und artifizielle Bühnenästhetik stets fremd (auch wenn ich noch immer bei fast jedem Werk weiß, wer - zumindest musikalisch - dafür verantwortlich ist).

Noch weniger zog und zieht es mich zur Operette hin. Die galt mir - als Soziologen und kritischem Teilzeit-Theoretiker - als besonders verwerflicher Kitsch. So streng bin ich heute nicht mehr, die kritischen Impulse lassen - wie das Allermeiste - mit fortschreitendem Alter nach, aber Anhören kann ich mir (außer der "Fledermaus") kaum eines der getändelten Singspiele. Dabei - und das ist das Verblüffende - sind mir nahezu alle Menschen, die mit Operetten zu tun haben, höchst sympathisch. Das war schon beim unvergessenen Marcel Prawy so, der ja neben seiner Hauptprofession als "Opernführer" auch eine besondere Leidenschaft für die Operette und speziell Franz Lehár hatte. An dem schlau-gewitzten und dauerheiteren Mann gefiel mir nahezu alles (natürlich die Sackerl-Manie, aber auch sein bizarres Essverhalten - er aß nur vier Speisen: Nudelsuppe, Brathuhn, Maroni und Eis), nur eines nicht: seine Dauerbeschäftigung mit Oper und Operette. Ähnlich ergeht es mir mit seinem Nachfolger Christoph Wagner-Trenkwitz, dem ebenfalls stets gut gelaunten, charmant-schlagfertigen Moderator.

Damit sind wir schon bei der Volksoper, der Wiener Operetten-Heimstatt, und deren Direktoren: zuerst Robert Meyer - einer meiner Lieblingskomödianten; nun die umwerfende Lotte de Beer - eine vor Witz, Schalk und Euphorie sprühende Sympathie-Bombe (wie man nicht zuletzt seit ihrem Auftritt im TV-Format "Willkommen Österreich" weiß). Und natürlich "die Serafins" (wie ein Ö1-"Feature" kürzlich hieß und bewies): eine Dynastie des lautstarken Frohmuts und Optimismus’.

Die Beschäftigung mit Operetten scheint lebensfroh zu machen - wovon sonst kann man das zurzeit schon sagen!? Ich werde mich fürs "Land des Lächelns" überwinden müssen. Vorhang.