Es ist viele Jahre her, da fuhr ich einen MG. Damals, es muss so Mitte der 1980er Jahre gewesen sein, war der Wunsch nach einem Roadster sehr dringlich - ich wollte partout ohne lästige Blechmütze durch die Welt brausen. Schließlich landete ich bei einem Fiat 124 Spider (einem Reimport mit dicken US-Stoßstangen) und, weil dieses an sich wunderschöne Cabrio Rost ansetzte und ständig Zicken machte, letztlich beim MX-5 von Mazda (den ich seither heiß liebe). Ich fuhr aber zum Vergleich auch andere Autos, die damals allesamt schon Oldtimer waren. Oder zumindest an diesem Status schrammten. Darunter einen frühen Alfa Spider, einen Triumph Spitfire und eben einen MG-B.

Walter Gröbchen ist Label-Betreiber (www.monkeymusic.at), Musikverleger und Autor in Wien. Mehr Kommentare und Kolumnen auf seinem Blog groebchen.wordpress.com
Walter Gröbchen ist Label-Betreiber (www.monkeymusic.at), Musikverleger und Autor in Wien. Mehr Kommentare und Kolumnen auf seinem Blog groebchen.wordpress.com

Das war freilich jugendlicher Bewegungsdrang; heute muss man sich schon fast bekreuzigen vor Scham über die Unbekümmertheit jener Jahre. MG (Morris Garages) war damals eine zutiefst britische Marke, bekannt für Sportwägelchen mit Chromverzierungen und Speichenrädern - letztere Attribute wiesen die Fahrzeuge zumeist auf, wenn sie von Herrenfahrern und Car-Connaisseuren besessen wurden. Eine (zu) enge Zielgruppe. Wie viele englische Nischenerzeuger ist MG mit seiner Mutter Rover in Konkurs gegangen. Heute gehört die Marke der Shanghai Automotive Industry Corporation, sprich: den Chinesen.

Wenn ich aktuell also einen MG besteige, riecht und fährt sich der ganz anders als ein Oldie, der noch in vielen Liebhaber-Garagen steht. Nicht alle Fahrzeuge der Marke sind schon elektrifiziert, aber der MG4, den ich gerade teste, ist es. Und das relativ kleine Schrägheckmodell trägt gefühlt doch einige Gene des britischen Urahns in sich: sportlichen Antritt, stilistische Eigenwilligkeiten, sympathisches Understatement.

Der MG4 ist eine positive Überraschung. Das gilt auch für die Reichweite: 450 Kilometer nach WLTP-Standard - real kann man rund 20 Prozent weniger ansetzen - sind in dieser Klasse ein beachtlicher Wert. Ich mag auch die klare Zeichnung des Interieurs, ehemals eine Tugend der deutschen Automobilindustrie. Jetzt bräuchte es nur noch eine große Dachfläche mit Solaranlage und einen kommoden Elektrospeicher, um autark und mit ruhigem Gewissen im E-Auto in der Gegend herumzukurven. Ob die Gefühlslage der Achtzigerjahre je wieder zurückkehren wird?

Der MG4 ist übrigens das erste chinesische Automodell, das ich teste (wenn man den formidablen Polestar 2 nicht zählt; dessen schwedisch verehelichte Mutter Geely will ja zukünftig auch in Europa und in den USA Autos bauen). Ich bin gespannt, was da noch so alles kommen wird - jedenfalls darf man dieses Herkunftsland nicht mehr im leichtgewichtigen Exotenfach schubladisieren.

Eine Bitte hätte ich aber an die Autohersteller - und zwar an alle, rund um den Planeten: Schaut, dass ein einmal eingegebener Fahrer-Befehl (der "Off"-Modus für den Spurhalteassistenten etwa, der zum Beispiel im MG4 Electric irritierend stark eingreift) auch dauerhaft gespeichert bleibt. Jedes Mal beim Einsteigen dieselben öden Wunschmodus-Routinen neu eingeben zu müssen, ruiniert nachhaltig den Spaß an der Freud’.