Jede lebende Sprache verändert sich laufend, im Bereich der Laute, des Wortschatzes oder der Grammatik. Dieser Sprachwandel vollzieht sich meist unbemerkt und dauert lange, nur in seltenen Fällen wird er diskutiert. Aus Anlass des Weltfrauentages sollen heute die Wörter für eine weibliche Erwachsene auf dem Prüfstand stehen.

Robert Sedlaczek ist Autor zahlreicher Bücher über die Sprache, jüngst ist bei Haymon "Sprachwitze. Die Formen. Die Techniken. Die jüdischen Wurzeln. Mit mehr als 500 Beispielen" erschienen.
Robert Sedlaczek ist Autor zahlreicher Bücher über die Sprache, jüngst ist bei Haymon "Sprachwitze. Die Formen. Die Techniken. Die jüdischen Wurzeln. Mit mehr als 500 Beispielen" erschienen.

Frau ist das Normalwort, auch in der Anrede, daneben ist auch die Ehefrau, die Lebenspartnerin gemeint. Dame ist die Bezeichnung für eine Frau im gesellschaftlichen Verkehr; eine gebildete, kultivierte Frau ist "eine echte Dame". Weib klingt heute antiquiert, wird meist als Schimpfwort verwendet: "Ein böses altes Weib!"

Manchmal schwingen positive sexuelle Eigenschaften mit, von einer vitalen, attraktiven Frau heißt es: "Sie ist ein Vollweib!" Auf dem Lande wird eine junge Frau als Dirn bezeichnet: "Die Annamirl is’ a fesche Dirn." Mit Verkleinerungsendung kommt in Österreich und Bayern das Positive noch stärker zum Ausdruck: "A liabs Dirndl." In der Stadt ist eine Dirne eine Sexarbeiterin.

Die Entwicklung dieser Wörter verlief alles andere als geradlinig, im Laufe der Jahrhunderte haben sich die Bedeutungen verändert. Ich habe recherchiert.

Die Bezeichnung Frau war ursprünglich dem Adel vorbehalten. In der mittelalterlichen Gesellschaft war "frouwa", später "vrouwe" die Standesbezeichnung und Anrede für eine verheiratete Edeldame als Vorsteherin des Hauses.

Demgegenüber war "wip" das Normalwort als Geschlechtsbezeichnung. Erst im 18. Jahrhundert wird das Wort Weib von Frau verdrängt und abgewertet. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts tritt Frau auch an die Stelle von Madame, der klassischen Anrede für Bürgerfrauen.

Frauenzimmer war ursprünglich das Gemach der Herrscherin, der Aufenthaltsraum der Hofdamen; ab dem 16. Jahrhundert wurden auch die dortigen Frauen damit bezeichnet, die weibliche Dienerschaft, ab dem 17. Jahrhundert auch die Frau als Individuum, wobei die abwertende Verwendung erst im 20. Jahrhundert auftaucht.

Als "thiorna" bezeichnete man zunächst ein Mädchen, eine unverheiratete junge Frau; "Gottes Dirne" stand für die Jungfrau Maria, genauso ist mit "unsere liebe Frau" die Gottesmutter gemeint; später war "dierne" vor allem die Bauernmagd, eine einfache schlichte Person, eine niedere Dienerin im ländlich-bäuerlichen Bereich. Die Bedeutung Mädchen aus niederen sozialen Verhältnissen war Mitte des 15. Jahrhunderts Ausgangspunkt für Prostituierte.

Dame geht über altfranzösisch "dame" auf lateinisch "domina" zurück; zunächst war es ein Modewort der höfisch-galanten Dichtung, seit Mitte des 17. Jahrhunderts eine Benennung für Frauen des Adels; auf bürgerliche Frauen wird es erst gegen Ende des 18. Jahrhunderts angewendet. Im religiösen Bereich ist Domina die Vorsteherin eines Nonnenklosters, im Sexgeschäft eine Prostituierte, oft auch eine mit sadistischen Angeboten.

Man sieht: Weib, Dirne und Frauenzimmer haben durchwegs eine Bedeutungsverschlechterung durchgemacht, da war die Sprache ein Spiegel der Gesellschaft.