"Moderne Technik", las ich unlängst bei meinem Kollegen Peter Glaser, "ist nicht dazu da, das Leben einfacher zu machen, sondern interessanter." Natürlich war das ironisch gemeint, wenn nicht gar zynisch. Glaser kann sich als gewiefter Beobachter des Fortschritts, dem zugleich nichts Menschliches fremd ist, bei offensichtlichen Fehlkonstruktionen und fragwürdigen Entwicklungen nicht eines Kommentars enthalten. Und da der geborene Grazer ein moderner Autor ist ("Ich bin ein Bleistift", so seine Selbsteinschätzung aus Tagen, da der Computer noch als Spielzeug galt), publiziert er täglich auf Facebook, Twitter und wasweißichnochwo. Man muss oft herzhaft lachen über seine spitzen Wortspiele und kundigen Hinweise. Ein Meme sagt oft mehr als ein Essay.

Walter Gröbchen ist Label-Betreiber (www.monkeymusic.at), Musikverleger und Autor in Wien. Mehr Kommentare und Kolumnen auf seinem Blog groebchen.wordpress.com
Walter Gröbchen ist Label-Betreiber (www.monkeymusic.at), Musikverleger und Autor in Wien. Mehr Kommentare und Kolumnen auf seinem Blog groebchen.wordpress.com

Nun würde mich glatt interessieren, wie ein Spötter wie Glaser mit der Umkehrung seines eigenen Denkzettel-Eintrags umginge. Also mit Technik, die das Leben nicht "interessanter" macht (sprich: komplizierter, verwirrender, absurder), sondern - ganz im Gegenteil - tatsächlich einfacher. Nehmen wir als Beispiel die Huawei Watch D her. Das ist eine Smartwatch, wie es sie inzwischen zu hunderten gibt. Man muss konstatieren, dass sich die Idee durchgesetzt hat, Zeitmesser mit digitaler Intelligenz und vielfältigen Kommunikationsmöglichkeiten auszustatten. Heute laufen wie selbstverständlich Mitmenschen mit Uhren am Handgelenk herum, mit denen sie zugleich telefonieren, Aktienkurse verfolgen, Gespräche aufzeichnen, Musik hören, Einkäufe bezahlen oder ihre Fitness messen können. Ich selbst blieb da, zugegeben, lange skeptisch: Braucht es tatsächlich ein elektronisches Gadget mehr? Da aber selbst eine teure Smartwatch immer noch billiger kommt als eine abgewetzte Rolex, geht Probieren über Studieren. Und, siehe da, man gewöhnt sich daran. Mit meiner Apple Watch kann ich bei Bedarf sogar den Sauerstoffgehalt meines Bluts prüfen.

Im Vergleich dazu ist die Huawei Watch D relativ schwer und klobig. Was in der Regel darauf hindeutet, dass dieses Modell etwas kann, was dem Rest vom Fest fehlt. Tatsächlich besitzt sie eine Funktion, die von manchen Experten als "Gamechanger" tituliert wurde: Sie kann den Blutdruck messen. Und zwar so seriös, dass sie als medizinisches Gerät zertifiziert wurde. Die Blutdruckmessung geschieht mittels einer Manschette bzw. Luftkissen im Armband, die von einer Mikro-Luftpumpe aufgeblasen werden. Klingt eigenartig, funktioniert aber so weit ganz gut - sofern man das Prozedere einer bestimmten Armhaltung (auf Herzhöhe) minutiös mitmacht. Huawei ist mit dieser Funktionalität Pionier am Markt. Da ich selbst ein Fall für den Kardiologen bin, würde mir der asiatische Konzern somit glatt das Leben leichter machen (und eventuell gar verlängern).

"In every dream home a heartache", um mit Roxy Music zu heulen. Diese bittere Pille gilt es zu schlucken: Messungenauigkeit. Ich habe die Ergebnisse konstant mit einem professionellen Blutdruckmesser verglichen - das kam mal näher hin, dann wieder auch nicht. Andere Tester konstatierten ähnliche Ergebnisse. Aber sagen wir so: Wenn mich die Watch D - sie kann auch den Puls messen und ein EKG schreiben - vor dem Herzkasperl bewahrt, ist sie jeden Cent wert. Auch Freund Glaser würde sie dann wohl wie Mister Spock "interessant" finden. Mindestens.