Die graue Wohnzimmercouch mit den vielen Polstern drauf ist groß und weich und so bequem, dass man sich beim Fernsehen gerne einen krummen Rücken liegt. Das ging solange gut, bis unsere Gliedmaßen meinten, wir möchten uns doch bitte äußerst dringend etwas Körperfreundlicheres für die Abendgestaltung suchen. Das Fitnesscenter um die Ecke wäre eine Möglichkeit gewesen. Das Wirtshaus auch. Am Ende ist es eine neue Wohnzimmercouch geworden. Diesmal in Blau.
Die neue Wohnzimmercouch lädt sichtlich zum geraden Sitzen ein. Sie kommt aus Dänemark. Das bedeutet vor allem sechs Wochen Wartezeit. Blöd, aber wenigstens Puffer genug, um derweil die alte Couch loszuwerden. Das hat meine Frau vor fünf Wochen und drei Tagen gesagt. Allmählich muss ich in die Gänge kommen. Ab ins Internet.
Der erste Preis, den ich für die riesige Wohnzimmercouch mit vielen Polstern und kaum Gebrauchsspuren haben wollte, hat nicht gerade ein Erdbeben der Begeisterung ausgelöst. Der zweite auch nicht. Beim dritten habe ich die Notbremse gezogen. Zu verschenken! Abends abgeschickt. Gleich ins Bett gegangen. Augen zu. Schauen, was passiert.
Die erste Textnachricht ist um 5 Uhr 30 in der Früh gekommen. Sie bestand aus vier Wörtern und einem Fragezeichen: Der Couch noch da? Das war mir dann doch ein Hauch zu wenig an Kommunikation. Ich musste aber nicht sehr lange auf mehr Wörter warten. Bis zum Mittagessen hatte ich über 800 Aufrufe und exakt 46 Abholangebote auf die kostenlose Couch erhalten. Der Möbelhandel steckt in der Krise? Kein Wunder, wenn die Leute kein Geld mehr haben.
Bleibt die Frage, wen beschenken? Die professionellen Entrümpelungsexperten sicher nicht. Die haben kostenlos hauptsächlich so interpretiert, dass ich fürs Abholen bezahlen würde. Dann doch lieber die Studentin. Die wollte im Peugeot 107 kommen. Diese Couch ist zweimal so groß wie ein Peugeot 107, schrieb ich ihr. Die Antwort war ein trauriges Smiley.
Ekon stammt aus Nigeria. Sein Name bedeutet stark. Was gut war. Vier Stockwerke runter mit der Couch sind zwar immerhin besser als vier Stockwerke rauf mit der Couch, aber summa summarum auch kein Vergnügen. Beim Verschnaufen fragte Ekon mich, warum ich so eine schöne Couch verschenken würde. Ich hatte keine Antwort, die gepasst hätte. Als endlich alles verstaut war, strahlte Ekon übers ganze Gesicht. Er bedankte sich tausendmal. Ich hätte ein Foto von ihm machen sollen. Ekon im Glück. Das wäre eine gute Antwort gewesen.
Wiener Journal: Das wäre eine gute Antwort gewesen
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