Robert Sedlaczek ist Autor zahlreicher Bücher über die Sprache. Zuletzt ist "Österreichisch für Anfänger" im Verlag Amalthea erschienen, ein heiteres Lexikon, illustriert von Martin Czapka.

Robert Sedlaczek ist Autor zahlreicher Bücher über die Sprache. Zuletzt ist "Österreichisch für Anfänger" im Verlag Amalthea erschienen, ein heiteres Lexikon, illustriert von Martin Czapka.

Es kommt bei der "Millionenshow" hin und wieder vor, dass widersinnig gefragt wird. So geschehen am vergangenen Montag in der "Promi-Millionenshow". Armin Assinger konfrontierte die Starköche Andi Wojta und Alex Fankhauser mit einer kniffligen Frage: "Was trennt laut Karl Kraus angeblich Deutschland von Österreich?" Von den vier angebotenen Antworten sprang Andi & Alex zunächst "der Weißwurstäquator" ins Auge.

Das war die falsche Fährte. Als Weißwurstäquator wird die Mainlinie bezeichnet, eine Sprachgrenze innerhalb Deutschlands. Andi & Alex haben diese Lösung verworfen und sich für "die gemeinsame Sprache" entschieden. Das war richtig. Falsch war ein Teil der Fragestellung, denn von Karl Kraus stammt der Satz nicht.

Wer zumindest einen Teil des Werks von Kraus gelesen hat, wird wissen, dass der Satz auch inhaltlich nicht passt. Der wortgewaltige Sprachkritiker hat sich primär für den elaborierten und richtigen Gebrauch der deutschen Sprache eingesetzt. Aus der Mundart stammende Wörter, Phrasen und Sprachfärbungen hat er dazu verwendet, eine dumpfe Gesinnung zu brandmarken.

Ich habe - auch an dieser Stelle - widerlegt, dass Kraus der Urheber ist, und darauf hingewiesen, dass es Belege bei Karl Farkas gibt. Offensichtlich hat Farkas einen Satz aus "The Canterville Ghost" ins Deutsche übertragen: "England and America are two countries divided by a common language."

In der Tat sind die Sprachgegensätze zwischen England und Amerika vergleichbar mit jenen zwischen Österreich und Deutschland.

Das Deutsche ist genauso wie das Englische eine plurizentrische Sprache mit gleichrangigen Varietäten. "Der Sprachdienst", das Organ der in Wiesbaden ansässigen "Gesellschaft für deutsche Sprache", befasst sich in Heft 5/12 mit dem österreichischen Deutsch. Auf mehr als 80 Seiten beschreiben österreichische Wissenschafter die Wesensmerkmale unserer Varietät.

Interessant ist auch das Vorwort, verfasst von Rudolf Hoberg, bis 2011 Vorsitzender der GfdS. Es zeigt, wie der in Deutschland grassierende Sprachimperialismus funktioniert. "Wir müssen ( . . . ) alles für eine weitgehend einheitliche deutsche Standardsprache tun, um eine gute Verständigung im deutschsprachigen Raum zu ermöglichen und um den Deutschunterricht für Ausländer auf eine einheitliche Grundlage stellen zu können." Regionalismen aus allen Gebieten des deutschen Sprachraums sollen in die Standardsprache aufgenommen werden. Hoberg nennt einige, die er selber verwendet oder bald verwenden wird: Kren, Marille und Topfen.

Da man die Norddeutschen nicht dazu bringen wird, diese Wörter in ihren Sprachgebrauch aufzunehmen, bleibt nur ein Ausweg: Nehmen wir doch Meerrettich, Aprikose und Quark in unseren auf!