Severin Groebner ist Kabarettist, Autor und Gründungsmitglied der "Letzten Wiener Lesebühne". Sein neues Buch mit zahlreichen Kolumnen (unter anderem auch aus der "Wiener Zeitung") heißt "Lexikon der Nichtigkeiten" und ist im Satyr-Verlag (Berlin) erschienen.
Severin Groebner ist Kabarettist, Autor und Gründungsmitglied der "Letzten Wiener Lesebühne". Sein neues Buch mit zahlreichen Kolumnen (unter anderem auch aus der "Wiener Zeitung") heißt "Lexikon der Nichtigkeiten" und ist im Satyr-Verlag (Berlin) erschienen.

Es sind schwere Zeiten für Europa. Nicht nur, dass im Rahmen des Außenministertreffens keinerlei Verlängerung für das Waffenembargo gegenüber Syrien erreicht wurde (was allein die Waffenhändler freuen dürfte), nein, jetzt wurde auch noch ein österreichischer Generalleutnant der Leiter des EU-Militärstabes.

"Das unterstreicht die Rolle der EU als Friedensprojekt", mag so mancher Zwangsoptimist einwerfen. Und das ist natürlich richtig. Denn Frieden können wir. Krieg eher nicht. Denn der letzte von Österreich gewonnene Krieg war nämlich. . . tja, wann eigentlich?

Greifen wir doch mal zum Geschichtsatlas und blättern rückwärts in der glorreichen Vergangenheit des österreichischen Militärs: Verlorener Weltkrieg (im zweiten waren wir Opfer), Niederlage im Krieg gegen Preußen und Italien 1866, Niederschlagung der revolutionären Ungarn mit russischer Hilfe 1849 (aber ist das ein echter Krieg? - Gegen die eigenen Leute?), Sieg über Napoleon mit Hilfe Preußens und Russlands (kann man auch nicht wirklich als originär "österreichischen" Sieg verbuchen), aber: 1779. Der Bayrische Erbfolgekrieg. Endete mit dem Erwerb des Innviertels (ohne diesen Gebietsgewinn wäre Hitler also Bayer gewesen). Nur wurde während dieses ganzen "Kriegs" leider keine einzige echte Schlacht geschlagen. Und Krieg ohne Schlacht ist wie Fahrradfahren am Hometrainer.

Oder wie Kochen ohne Feuer.

Oder wie Bumsen ohne. . . egal.

Suchen wir also weiter: Der Siebenjährige Krieg endet mit einem Patt. Die Schlesischen Kriege gegen Preußen gewinnt der alte Fritz. Aber hier: Dritter Türkenkrieg. Eroberung Belgrads, Friedensschluss von Passarowitz. Nordserbien und die östliche Walachei gehören zu Österreich. Das gilt! Das ist ein gewonnener Krieg. Mit allem, was dazugehört: Blut, vielen Toten, Leid der Zivilbevölkerung, Gebietsgewinn und hündisch verehrten Kriegshelden. Juhu!

Und das liegt nur lächerliche 295 Jahre zurück.

Also, wenn das Schule macht und die EU weiterhin Nationen mit Aufgaben betreut, deren Bewältigung ihnen nicht gerade naturgemäß in die Wiege gelegt worden sind, haben wir bald den EU-Kommissar für Fischerei aus Luxemburg, die oberste europäische Steuerbehörde wird von einem Griechen geleitet und der EU-Sonderbeauftragte gegen Alkoholmissbrauch kommt aus Finnland. Die Arbeitsgruppe für Menschenrechte, Gewaltenteilung und Demokratie wird von einem Ungarn geleitet, die Behörde gegen Grundstückspekulationen und Pfusch am Bau von einem Spanier. Der europäischen Aufsichtsbehörde für Lebensmittelsicherheit, Kulinarik und gehobene Gastronomie steht ein Brite vor, und das EU-Büro für Diplomatie, Zwischentöne und Mehrdeutigkeiten leitet ein Deutscher. Und das Zentral-Register für gestohlene Autos leitet dann ein. . . - Nein, jetzt wird’s blöd. Denn das sind alles nur Vorurteile. Schließlich wird die Europäische Zentralbank sehr erfolgreich von Mario Draghi geleitet. Und der ist immerhin Italiener.

O.k., jetzt mach ich mir wirklich Sorgen um Europa.