Werfen wir doch einmal einen Blick auf die Argumente der Unterzeichner des offenen Briefes gegen das Binnen-I.

Severin Groebner ist Kabarettist, Autor und Gründungsmitglied der "Letzten Wiener Lesebühne". Sein neues Buch mit zahlreichen Kolumnen (unter anderem auch aus der "Wiener Zeitung") heißt "Lexikon der Nichtigkeiten" und ist im Satyr-Verlag (Berlin) erschienen.
Severin Groebner ist Kabarettist, Autor und Gründungsmitglied der "Letzten Wiener Lesebühne". Sein neues Buch mit zahlreichen Kolumnen (unter anderem auch aus der "Wiener Zeitung") heißt "Lexikon der Nichtigkeiten" und ist im Satyr-Verlag (Berlin) erschienen.

Erstens: das Binnen-I ginge auf Kosten der Verständlichkeit (wirklich? WTF! LOL! Rofl :-)))))). Diese Menschen scheinen noch nie eine SMS ihrer Kinder gelesen oder einen Brief vom Gericht erhalten zu haben (siehe §15 Abs. 2 BG, STGB-AT).

Zweitens: Die Verletzung des "natürlichen Sprachempfindens". Na, das ist doch ein bisschen verschämt. Früher hieß das noch gerade heraus "gesundes Volksempfinden" und war immer gut, um allerlei ungesunde Gefühle zu legitimieren. Denn Begriffe wie "gesund" und "natürlich" implizieren stets, dass alle, die sich nicht in dieser Gefühls- und Empfindungslage befinden, automatisch "unnatürlich" und "ungesund" sind. Und schon ist eine politisch-moralische Position plötzlich eine scheinbar biologisch-medizinische. Ganz alter Trick. Langweilig.

Setzen. Fünf.

Ähnlich gelagert ist auch die Argumentation der "natürlich gewachsenen Struktur der deutschen Sprache". Denn wenn nicht irgendwann Kanzleien und Mönche (ein gewisser Herr Luther etwa) im 16. Jahrhundert sowie staatliche Rechtschreibreformen im 19. und 20. Jahrhundert "von oben" die Schriftsprache massiv vereinheitlicht hätten, dadatn mia ima no so schreim, wia ma hoit redn tan, und dann dadat ma nix, oba goa nix, farschtengan, wos d’Leit, de wos net von do kumman, so schreibatn und redatn. Hostmioida?

Bleibt das letzte Argument, das auch der "Spiegel"-Sprach-Blockwart Bastian Sick der "Wiener Zeitung" genannt hat: Das Binnen-I ist einfach hässlich. Ja, zugegeben, das ist es. Wenn nicht sogar schiach.

Allerdings ist es nicht das Einzige, das hässlich ist auf dieser Welt. Ich zum Beispiel finde es auch hässlich, wenn deutsche Fußballfans "Weltmeister!" brüllend durch Innenstädte ziehen und Ausländer und Andersdenkende verprügeln. Ich finde so ziemlich jedes FPÖ-Plakat hässlich, ebenso Lebensmittelspekulationen an den Börsen, sexuelle Gewalt, Krieg, Panzer und mintfarbenen Nagellack. Ich finde SUVs hässlich (egal welcher Farbe), und wenn sie auf dem Fahrradweg parken, find ich sie auch noch oasch. Hässlich sind für mich auch Gewerbeparks, Container-Terminals, Andreas Gabalier und das, was er als "seine Musik" bezeichnet, dazu Plastikmüll, Ölteppiche, Bilder von Christian Ludwig Attersee, Sepp Blatter, Baustellenlärm und die allermeisten Fernsehstudio-Dekorationen. Und - Hand aufs Herz - die Stimme unseres Bundeskanzlers ist auch kein Ohrenschmeichler.

Das alles find ich wirklich ziemlich hässlich. Aber ich lebe damit und laufe nicht wie ein beleidigter Pubertierender herum und rufe nach Papa Staat, er möge das verbieten, weil ich es nicht ertragen kann.

Obendrein kann man ja seine Meinung auch ändern. Die Wiener haben etwa die meisten - damals neuen - Ringstraßenbauten vor 150 Jahren auch als hässlich abgelehnt - und sind heute so stolz darauf, als hätten sie sie selbst geschnitzt.

Also, hochverehrte Ritter wider das Binnen-I, abwarten. Vielleicht gefällt uns ja der lustige Buchstabe eines Tages doch so gut, dass wir dann sogar unser iPhone als Iphone niederschreiben. Oder sogar Ifon.

Und IfonInnen, natürlich.