Sie sind es, unsere fleißigen Managerinnen und Manager, vermutlich in vielen Punkten, sicher aber in einem: Vorbilder. Und dieser eine Punkt ist das lebenslange Lernen. Das Angebot, das sich vor ihnen ausbreitet, ist gigantisch. Sie lernen von Offizieren, Dirigenten, Spitzensportlern, Pferden, Delfinen, von Shackleton, Shakespeare, Seneca, ja sogar, wie der Ex-Mafioso Louis Ferrante nun in einem auch in Deutschland erscheinenden Buch vorschlägt, von der Mafia.
Das ist Engagement. Und motiviert mich, zu diesem universellen Curriculum beizutragen, eines meiner Hobbies sozusagen zum Lernangebot zu machen. Jazz. Konkret: was Manager von Jam Sessions lernen können.
Eine Jam Session ist ein zwangloses Zusammentreffen von Spitzeninstrumentalisten, die sich auf ein nicht minder zwangloses Arrangement einigen und drauflosspielen. Dabei kommt jeder Solist einmal an die Reihe, um in freier Improvisation einen Aspekt beizusteuern, der das Leitmotiv neu erfindet. Berühmt für derlei Spielchen sind etwa Django Reinhardt und Stéphane Grappelli, die seit den 30ern klassische Jazzstücke auf unnachahmliche Weise mit Gitarre und Geige einspielten, globale Begeisterungsstürme auslösten und ein neues Genre kreierten. Berühmt sind auch die Sessions des früheren Count-Basie-Trompeters Buck Clayton, die auf schöne Schallplatten gepresst sind. Count Basie war ja selbst ein Genie der Improvisation, schon in jener Band, in der er vor seiner Weltkarriere spielte - bei Benny Moten in Kansas City.
Über diese Zeit und diese Musik hat Robert Altman, als Sidekick zum Gangster-Movie "Kansas City", den Film "Jazz '34" gedreht. Harry Belafonte erzählt die Geschichte. Und eine Reihe von Virtuosen spielt die Szenen in den Jazzkellern nach, unter ihnen die Saxophonisten Craig Handy und Joshua Redman in einem legendären Take von "Battle of the Saxes". Sie stellen zwei Superstars dar, die sich in einer gemeinsamen Formation gegenseitig mit ihren Instrumenten an die Wand zu spielen suchen. Und doch entsteht in dieser fiebrigen Konkurrenz etwas, das sie nur zusammen schaffen konnten: ein mitreißendes Produkt. So endet diese Schlacht der Saxophone auch in einer nachahmenswerten Geste (siehe http://www.youtube. com/watch?v=ltmwT7AktnA.)
Etwas macht die Sache zusätzlich attraktiv: Handy (*1962) und Redman (*1969), zwei global berühmte Jazzgrößen der Gegenwart, stehen für einen völlig anderen Stil als das, was gut 30 Jahre vor ihrer Geburt gespielt wurde. Und doch gelingt es ihnen mühelos, sich in Altmans Setting einzufügen, ihren Stil dieser Herausforderung anzupassen und so neben ihrem Improvisationstalent auch ihre professionelle Fähigkeit zur Vielfalt zu dokumentieren.
Ein Lehrstück mit vielen Ebenen. Denn ohne die Instrumentalisten in der zweiten Reihe, ohne Rhythmusgruppe, Bläser, Gitarre und Piano, wäre dieses grandiose Stück nie zustandegekommen.
Holger Rust, geb. 1946, ist Publizist und Professor für Soziologie in Hannover.