Severin Groebner ist Kabarettist, Autor und Gründungsmitglied der "Letzten Wiener Lesebühne". Sein neues Buch mit zahlreichen Kolumnen (unter anderem auch aus der "Wiener Zeitung") heißt "Lexikon der Nichtigkeiten" und ist im Satyr-Verlag (Berlin) erschienen.
Severin Groebner ist Kabarettist, Autor und Gründungsmitglied der "Letzten Wiener Lesebühne". Sein neues Buch mit zahlreichen Kolumnen (unter anderem auch aus der "Wiener Zeitung") heißt "Lexikon der Nichtigkeiten" und ist im Satyr-Verlag (Berlin) erschienen.

Der europäische Rechtsextreme (Der):Ich wollte nur kurz Danke sagen.

Der islamistische Extremist (Die): Aber gerne. Wofür denn?

Der: Nun ja, für diese Attentate in Paris und Kopenhagen. Wir hatten schon gefürchtet, dass wir die Leute mit unserer hysterischen Panikmache langweilen könnten . . .

Die: Echt?

Der: Ja! Es bestand durchaus die Gefahr, dass sich die Menschen mit Fragen der Verteilungsgerechtigkeit beschäftigen könnten, allein schon wegen dem neuen, feschen griechischen Finanzminister. Aber jetzt haben’s alle wieder Angst vorm Islam.

Die: Ach so, gern geschehen. Ich kenn das ja. Wenn die bei uns auch einmal zum Nachdenken beginnen, über politische Mitsprache, patriarchale Strukturen, Frauenrechte, Menschenwürde und so . . . dann hoffen wir ja auch, dass in Europa wieder Rechtsradikale einen Moslem niederprügeln.

Der: Das sollte in nächster Zeit kein Problem sein. In Dresden haben die total friedlichen Pegida-Anhänger ja schon vor Wochen Jagd auf dunkelhäutige Jugendliche gemacht. Und in Österreich gehört bei Teilen der Bevölkerung die Islamfeindlichkeit ja schon zu den Tischmanieren.

Die: Dann sag ich jetzt einmal Danke. Wir brauchen einfach regelmäßig diese Bilder des immer und überall unterdrückten Moslems, damit wir unseren Minderwertigkeitskomplex weiter schüren können. Und glauben Sie mir: Die Konkurrenz ist hart. Bei uns hat schon jedes Kuhdorf eine islamistische Splittergruppe.

Der: Ja, wem sagen Sie das! AfD, FPÖ, Pegida, die Identitären oder doch einfach die guten, alten Nazis: Auf unserm Acker pflügen auch viele Bauern. Aber es können eben nicht alle das Abendland verteidigen . . .

Die: Das ist bei uns nicht besser. Die einen wollen einen islamischen Staat in Nigeria, die anderen im Irak, die dritten in Libyen . . . Ich sag immer: So geht das nicht! Das ist doch . . .

Der: . . . unübersichtlich!

Die: Ja, Chaos!

Der: Klar ist dabei aber auch: Man muss zuerst schon diese chaotischen Zustände herstellen und immer schön Öl ins Feuer gießen, damit die Leute sich nachher im Namen von Ruhe und Ordnung um einen scharen.

Die: Aber sicher! Nur haben wir es da leichter. Das Chaos, das die Amerikaner mit dem Einmarsch im Irak verursacht haben, kriegt keiner so schnell in den Griff.

Der: Ja, die Amerikaner . . . wenn man die als Feindbild nicht hätt’, wär’s echt schwer.

Die: Wem sagen Sie das! Aber solange es die gibt und die Leute Auto fahren, müssen wir uns zumindest keine Sorgen machen.

Der: Stimmt! Da muss ich Ihnen natürlich auch gratulieren: Also, wie Sie sich mit Ihren illegalen Ölverkäufen finanzieren . . . Hut ab!

Die: Danke, aber Hand aufs Herz, der eine oder andere Großspender aus den erdölexportierenden Ländern ist da auch dabei. Aber das kennen Sie ja . . . oder?

Der: Ja, wenn Russland uns nicht seinen Rubel rüberrollen täte, hätten wir auch ein Problem. Nur mit den Spenden der Kellernazis wär’s eng.

Die: Dafür, hab ich gehört, können Sie jetzt im ukrainischen Bürgerkrieg in den Freiwilligen-Verbänden mitmischen.

Der: Ja, schön, gell? Ach . . .

Die: Ich weiß, was Sie meinen . . .

Beide: Das sind herrliche Zeiten!

(Im Hintergrund ertönen Maschinengewehrsalven.)