Wenn die US-Amerikaner am 8. November ihren Präsidenten oder ihre Präsidentin küren, ist dies ein weiterer Akt in einer Reihe von Verfahren, die für Außenstehende oftmals verwirrend sind. Die beiden Kandidaten, Hillary Clinton und Donald Trump, sind ja seit Monaten im Wahlkampf: zunächst, um die eigenen Parteigenossen von ihren Qualitäten zu überzeugen, dann, um im ganzen Land Stimmung für ihre Person zu machen. Wobei die US-Wähler streng genommen gar nicht den Präsidenten küren, sondern nur dafür sorgen, dass die Wahlmänner 41 Tage nach der eigentlichen Wahl in ihrem Sinn abstimmen.

Kompliziert war es auch schon im alten Rom, wenn die Bürger die beiden Konsuln bestimmten. Das Konsulat war das formal höchste Amt im Staat und mit erheblicher Macht verbunden. Daher wurden immer zwei Konsuln gleichzeitig bestellt: sie sollten einander unterstützen, aber auch kontrollieren.

Zudem war das Amt auf ein Jahr limitiert, damit möglichst niemand in dieser Position zu viel Einfluss erlangen konnte. Der jährliche Wechsel sorgte nun wiederum dafür, dass in Rom praktisch ständig Wahlkampf herrschte: traten die neugewählten Konsuln ihr Amt an, begann für die Kandidaten des nächsten Jahres schon das Ringen um Wählerstimmen. Der Kandidat (die Bezeichnung stammt von der leuchtendweißen "toga candida" der Wahlwerber) mischte sich umgeben von seinen Anhängern unters Wahlvolk, um möglichst viele Stimmen zu ergattern. Die Römer sprachen von der "ambitio", was wörtlich übersetzt etwa "unter den Leuten herumgehen" bedeutet.

Die Stimmen waren unterschiedlich gewichtet. Denn die alten Römer lebten in einer streng hierarchischen Gesellschaft, deren soziale Trennlinien sich auch auf das politische System auswirkten: so gab es diverse Zensusklassen, die in der Volksversammlung unterschiedlich viel Einfluss hatten.

Die Volksversammlungen teilten sich in die Zenturiats- und die Tributkomitien. Die Zenturiatskomi-tien (comitia centuriata) waren nach Vermögensstufen gegliedert, welche die Wehr- und Steuerpflicht sowie das Stimmrecht der Römer bestimmten. Diese Komitien waren zuständig für die Wahl der Konsuln, Prätoren und Zensoren, weiters für die Gesetzgebung und Gerichtsbarkeit bei Kapitalverbrechen. Die Tributkomitien (comitia tributa) waren nach Wohnbezirken gegliedert und wählten die niederen Beamten.

Vermögende Römer hatten in dieser res publica deutlich mehr Einfluss, sie entschieden meist allein, wer Konsul würde. Zudem bestand der Senat, ein Gremium, das de facto die politischen Leitlinien vorgab, aus ehemaligen Konsuln, Prätoren, Ädilen und Quaestoren, die eben von den Zenturiatskomi-tien gewählt worden waren.