Robert Sedlaczek ist Autor zahlreicher Bücher über die Sprache. Zuletzt ist "Österreichisch für Anfänger" im Verlag Amalthea erschienen, ein heiteres Lexikon, illustriert von Martin Czapka.

Robert Sedlaczek ist Autor zahlreicher Bücher über die Sprache. Zuletzt ist "Österreichisch für Anfänger" im Verlag Amalthea erschienen, ein heiteres Lexikon, illustriert von Martin Czapka.

In Tagen wie diesen können die Fahrbahnen plötzlich glatt werden. Wer die Warnungen der Zentralanstalt für Meteorologie in den Wind schlägt und zu schnell unterwegs ist, redet sich gern darauf aus, dass er aufgrund von Blitzeis die Kontrolle über sein Fahrzeug verloren hat. Das ist der Versuch, eine nicht angepasste Geschwindigkeit mit Berufung auf den Wettergott zu rechtfertigen.

Mein Kollege Christian Mayr weist mich darauf hin, dass in den Medien das herkömmliche Wort Glatteis seit einiger Zeit vom Ausdruck Blitzeis verdrängt wird. Ein Blick in die Wörterbücher zeigt, wie schnell das gegangen ist.

Im "Rechtschreibduden" ist das Wort Blitzeis seit 2002 zu finden. Die Bedeutungserklärung lautet: "Eis, das sich auf Straßen o. Ä. sehr schnell aus [Regen]wasser bildet. Beispiel: ,mit tückischem Blitzeis rechnen müssen‘". Das Wort findet sich auch auf einer Liste von Neologismen, die das Mannheimer "Institut für Deutsche Sprache" im Jahr 2004 veröffentlichte.

Erfahrungsgemäß dauert es immer etwas länger, bis sich neue Wörter
in Österreich durchsetzen. Das war auch bei Blitzeis der Fall. Im "Österreichischen Wörterbuch" taucht das Wort Blitzeis erstmals in der
42. Auflage auf, diese ist 2012 erschienen. Neben der Bedeutungserklärung "plötzliches Glatteis" steht in Klammer als Sachbereichsangabe "Meteorologie".

Aber Blitzeis ist kein meteorologischer Begriff. Die Meteorologie kennt den Ausdruck Blitzeis gar nicht, es handelt sich um eine Wortschöpfung der Medien. Vermutlich meinen manche Journalisten, dass das Wort Blitzeis moderner oder dramatischer klingt. Außerdem ist Blitzeis offensichtlich eine Verkürzung für "blitzartig auftretendes Glatteis".

Was genau gemeint ist, bleibt allerdings unklar. Ein plötzlich auftretendes Glatteis kann die Folge eines Eisregens oder eines gefrierenden Regens sein. Bei einem Wetterumschwung mit sinkenden Temperaturen kann auch das Schmelzwasser oder das Wasser in Pfützen frieren. Ist das auch Blitzeis?

Ich würde mir wünschen, dass sich dieser unsichere Kantonist bald verabschiedet, aber das ist vermutlich ein vergebliches Hoffen. Gegen den Ausdruck Blitzeis spricht außerdem, dass das sprachliche Bild eines Blitzes in diesem Zusammenhang eher merkwürdig klingt. Wenn ich Blitzeis höre, könnte ich auch an ein Wintergewitter denken - das ist wohl nicht gemeint.

Das zuvor erwähnte "Institut für Deutsche Sprache" hat übrigens 2004 eine ganze Liste von Neologismen veröffentlicht. Anderthalb Jahrzehnte später klingen viele Wörter vertraut: Homoehe, Lichterkette, Babyklappe - im Jahr 2000 in Hamburg kreiert -, Bezahlfernsehen, Multiplexkino, Scheinselbstständigkeit, Globalisierungsfalle, Gelbsperre, schönrechnen und prollig.

Das "Institut für Deutsche Sprache" kommt zum Schluss, dass nur
40 Prozent der Neubildungen aus dem Englischen stammen, der Rest sind Neuentwicklungen aus dem Deutschen. Sogar in anglizismenträchtigen Bereichen wie beim Computer gibt es deutsche Neubildungen - beispielsweise anklicken, doppelklicken und Klammeraffe.