
Es ist die neueste Sau, die Herr Waldhäusl durch’s Dorf treibt. Könnte man sagen. Wenn das Bild nicht so deplatziert wäre. Das allerdings würde wiederum dafür sprechen. Denn deplatziert ist der Plan, koscheres Fleisch nur registrierten Juden zu verkaufen, deplatziert ist das allemal. FP-Landesrat Waldhäusl’s Hang zu originellen Vorstößen hat schon eine ausgiebige Vorgeschichte. Da gab es die Idee einer "Gutmenschenabgabe", die Hetze gegen "Hunde mit Migrationshintergrund", den Vergleich von Migranten mit Schweinen und Rindsviechern. In diese Reihe fügt sich sein Schächt-Plan nahtlos ein. Halten wir fest, was der Plan vorsieht - der eben nicht der Plan seines sozialdemokratischen Vorgängers ist, sondern diesem einen FP-Drall gibt. Nun sieht der Vorschlag nicht mehr nur Regeln für Schlächter vor (was an sich schon diskussionswürdig wäre) - nun soll das Schächten, das Schlachten von Tieren gemäß religiösen Vorgaben, eingeschränkt werden. Dazu soll der Fleischverkauf reguliert werden: quantitativ begrenzt auf eine "plausible Menge" (was auch immer da plausibel ist) und qualitativ kontrolliert, indem die Käufer belegen müssen, religiöse Juden zu sein und sich als solche namentlich registrieren lassen sollen. Denn nur solche würden eine Sonder-Kaufgenehmigung erhalten.
Offensichtlich ist, dass damit Listen von religiösen Juden erstellt würden. Offensichtlich ist, dass Muslime (mit ähnlichen religiösen Vorgaben) sich mitgemeint fühlen dürfen. Und ebenso offensichtlich ist, dass der Tierschutz, in dessen Namen hier agiert wird, ein Vorwand ist - Vorwand für einen Kulturkampf. Denn darum handelt es sich.
Ein Kulturkampf, der wie jeder Kulturkampf, scharf zwischen gut und böse unterscheidet. In dem Fall wird der Tierschutz gegen die Schächter ins Rennen geschickt. Die Partie ist klar. Sie lautet: Zivilisation gegen Barbarei. Und jedem ist klar, wer hier die Guten sind. Und wer die Barbaren.
Kulturkampf bedeutet, eine Normalität festzulegen - also festzulegen, was normal und was Abweichung ist. In dem Fall eben das Schächten. Eine solche negativ konnotierte Abweichung wird bestenfalls geduldet - aber nur dann, wenn sie als Ausnahme von der Norm, als Abweichung von der Leitkultur deutlich gemacht wird. Denn genau das ist das eigentliche Ziel von Waldhäusls Plan: eine Leitkultur zu befestigen.
Leitkultur bedeutet, anderen Kulturen ihren Platz zuzuweisen - jenen von geleiteten Kulturen eben, jenen von Ausnahmen. Bestenfalls. Als solche sind sie genehmigungspflichtig. Sondergenehmigungspflichtig. Wobei die Begründungslast beim Käufer liegt. Die abweichende Kultur muss ihre Duldung teuer erkaufen. Sie geht nur durch, wenn sie reglementiert wird: reguliert, eingeschränkt, begrenzt, kontrolliert, registriert, kenntlich gemacht. Während die Leitkultur - im Gegensatz dazu - vor allem eines ist: selbstverständlich.
Wenn jemand bislang noch nicht gewusst haben sollte, was das ist - eine Leitkultur. Wenn sich jemand bislang gefragt haben mag, wie eine solche funktioniert. Wenn er wissen wollte, worum es da geht. Hier ist die Antwort: Die freiheitlichen Ideen von einem (niederösterreichischen) Judenregister sind Leitkultur in Reinform.