
Irgendwann, meist unerwartet, ereilt jeden der Moment, in dem man denkt, man müsste wirklich einmal etwas verändern, und wenn auch nur für kurze Zeit, um das Gewohnte darauf in neuem Licht zu sehen.
Das Gewohnte: ein wahrhaft treffliches Wort. Denn genau das ist es ja - die Wohnstatt, gleich ob Appartement oder Haus, wirkt ja immer auf den ersten Blick wie eine Bühne, die es zu gestalten gilt, mit Möbeln, Bildern, Erinnerungsstücken und Objekten, mit Lampen und neuerdings zusehends smarten Devices, die alles Mögliche erleichtern: Heizen, Lüften, Beleuchten und was nicht noch alles. Ein Abenteuer, vor allem, wenn man im frisch bezogenen leeren Habitat auf dem Boden sitzt und sich ausmalt, was wo wie wirken wird.
Und das dauert dann, natürlich meist sehr viel länger als man angenommen hat, bis alle Bilder so hängen, dass die Blickachsen aus der Essecke ebenso attraktiv erscheinen wie von der Sesselperspektive aus, dass die jahreszeitlich wechselnden Lichtverhältnisse das Arrangement in unterschiedlichen Szenarien aufblühen lässt, ganz so wie in den illustren Magazinen des internationalen Wohn-Designs.
Irgendwann ist dann aber jener Punkt erreicht, an dem man den Blick von den Hochglanzseiten dieser Magazine erhebt und keinen Unterschied mehr sieht, dieser Punkt, an dem man denkt, das ist es jetzt, hier fühle ich mich zu Hause. Doch dieser Moment ist trügerisch. Eine kleine Langeweile mischt sich ein, und so keimt der Wunsch, man müsste wirklich einmal etwas verändern. Aber was, nachdem man nun zwei Jahre allein damit zugebracht hat, dass diese Blickachsen . . ?
Aber es gibt ja andere Lösungen: den oft zitierten "Tapetenwechsel" zum Beispiel, natürlich nicht wörtlich, denn die Wände haben ja gar keine Tapeten mehr, sondern sind loftartig gekalkt. Nein, es ist die Idee, man fährt einfach "ans Meer", in ein Hotel, lebt ein wenig ganz anders, wie in einem unterhaltsamen Film, und kehrt zurück, um hernach das Arrangement daheim im Kontrast zum eben Erlebten neu zu genießen.
Genau das also habe ich gemacht. Ein pittoreskes Hotel mit Blick auf einen Strand gebucht, nicht zu weit entfernt, aber weit genug, um das Gefühl von Distanz zu spüren. Die Eingangshalle mit schweren, großflächig floral gemusterten Tapeten, genealogischen Porträts der Gründerfamilie vom 17. Jahrhundert bis heute, britischen Ledersesseln mit samtenen Kissen, die Bar im Halbdunkel-Design flaschenbunter Hintergrundbeleuchtung, Flügeltüren mit dem Blick auf die schmiedeeisernen Liegen am Swimming Pool, sämtlich leer, aber mit Handtüchern markiert, während die Besatzungen dieser Liegen im Speisesaal ihr opulentes Vollpensionsbuffet entrümpeln.
Und die Dame an der Rezeption begrüßt mich überschwänglich mit den Worten "Sie werden sich bei uns ganz sicher wie zu Hause fühlen". So schnell hat sich noch selten ein Plan von mir erfüllt.