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Wir wollen keine gestriegelten Typen

Von Christian Mayr

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Fußballer, die fürs Abklatschen mit den Fans extra entlohnt werden (Neymar bei PSG); Tennisspieler, die nach bitteren Niederlagen dem Sieger coram publico eine Laudatio halten (müssen); Formel-1-Fahrer, die mit nichtssagenden Plattitüden die Mikrofone mit heißer Luft füllen. Das ist die Gegenwart des kommerzialisierten Sports, bei dem nicht mehr der bloße Sieg, sondern die millionenschweren Werbeverträge dank der freundlichen Figur zählen.

Und dann kommt plötzlich einer daher wie Max Verstappen, der seinen Gegner nach dem Rennen gezählte drei Mal anrempelt - und der große Skandal ist perfekt. Schnell waren die Medien nach dem Zwischenfall beim Grand Prix von Brasilien mit dem Urteil da, fast ausnahmslos wurde der "Ausraster", die "Grenzüberschreitung", das "Nervenversagen" gegenüber Esteban Ocon als inakzeptabel verurteilt.

Dabei war es eigentlich ganz normal und aus der Emotion heraus völlig verständlich, was der 21-jährige Niederländer da getan hat. Und niemand kann ernsthaft von Gewalt sprechen, geht es doch bei jedem drittklassigen Kick oder auf jedem Volksschul-Pausenhof deftiger zu. Zumal nun vergessen wird, dass der überrundete (!) Ocon bei dem Manöver, das Verstappen den Sieg kostete, der Aggressor war und mit dem provozierten Unfall wesentlich mehr Gefahr erzeugte als Verstappen mit seinem manuellen Rempler.

Aber in der heutigen Sportwelt fallen Akteure, die sich nicht an das Skript halten und ihr Herz auf der Zunge (oder den Händen) tragen, wieder auf. Dabei lechzt gerade die massiv vom Zuschauerschwund gebeutelte Formel 1 nach solchen Typen. Denn keiner will gestriegelte Autopiloten im Cockpit sehen.