Er ist der Racheengel des jüngeren Actionfilm-Kanons. Liam Neeson, einst Charakterschauspieler, wurde irgendwann zum Rächer aller malträtierten Töchter, Ehefrauen und Urstrumpftanten. Nun fragte eine Journalistin Neeson, ob er selbst schon Rachegefühle verspürt habe. Das Unglaubliche geschah: Bei einem dieser PR-Schnellinterviews antwortete der Ire nicht mit den üblichen Worthülsen. Sondern mit einer zutiefst persönlichen Geschichte aus seiner Jugend in Nordirland. Nach der Vergewaltigung seiner Freundin, die ihm über den Täter nur die Hautfarbe sagen konnte, streifte Neeson mit Totschläger durch die Pub-Viertel und wartete emotional verallgemeinernd nur darauf, "dass mir irgendein schwarzer Bastard blöd kommt, damit ich ihn totschlagen kann". Neeson drückte seine Scham über diese einwöchige Phase seines Lebens aus und dass er gelernt habe, dass Rache nichts bringt. In der Tonbandaufnahme wird deutlich, dass Liam Neeson sich weit weg entwickelt hat von der Episode. Das wollen aber all jene nicht hören, die sich nun darüber empören, dass der Schauspieler ein Rassist sei. Obwohl er, würde man zuhören, eigentlich eine ganz andere Geschichte erzählt. Der öffentliche Diskurs ist so vergiftet, dass es unmöglich ist, sein Herz, wenn auch als ehemalige Mördergrube, für Erkenntnisgewinn zu öffnen. Liam Neeson wird wohl wieder zu den üblichen Worthülsen zurückgehen. Und all jene, die nicht verstehen wollen, dass hier ein Mann erklärt hat, dass Selbstjustiz nicht der Weg ist, merken gar nicht, dass sie genau diese in den "Sozialen" Netzwerken ausüben.