Zum Hauptinhalt springen

Hirscher muss gar nichts richten

Von Christian Mayr

Kommentare

Marcel Hirscher hat jüngst in einem ORF-"Menschenkinder"-Interview eine ungewöhnliche Taktik verraten: So wie vor seinem ersten Weltcupsieg 2009 - als er vom Jetlag geschwächt und nach schlafloser Nacht in Val d’Isère gewonnen hat - würde er heute noch in jedes Rennen gehen: Sich gleichsam einreden, eh chancenlos zu sein und eigentlich nur gewinnen zu können. Diese Hirscher-Methode scheint, vor allem angesichts der überbordenden Erwartungshaltung in der Skination Nummer eins, tatsächlich ein effektiver Puzzlestein zum Erfolg zu sein. Und so gesehen kommt die Erkältung vor Hirschers erstem Renneinsatz in Aare eigentlich gerade recht (so es nicht eine echte Grippe ist): Denn somit kann sich der beste Skifahrer der Welt wieder wunderbar einreden, gegen die gesunde Konkurrenz eh keine Chance zu haben, weshalb jede Medaille ein kleines Wunder wäre. Das kommt insofern zupass, als der Annaberger bei der für Österreich noch goldlosen WM wieder einmal die Rolle als Retter der Nation, der für diese zweimal zu gewinnen hat, geerbt hat - poltern zumindest viele Zeitungen. Dabei weiß das gemeine Skivolk längst, dass Hirscher gar nichts mehr richten muss und selbst eine WM ohne Edelmetall keinen Kratzer an der großen Karriere des 29-Jährigen hinterließe. Dafür hat er schon viel zu viel gewonnen. Und die, die sich auskennen, wissen auch sehr genau, dass bei Großereignissen alles zusammenpassen muss - Wetter, Wind, Pistenbedingungen, Material, ... - um erfolgreich zu sein. Goldforderungen sind ehrbar, aber eigentlich unerhört.

Hirscher, der es schon 2013 am letzten Tag der Heim-WM für alle richten musste, weiß das. Man kann von ihm einzig fordern, das Maximum zu geben - und das wird er ganz bestimmt auch tun.