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Lasst uns doch die reichen Säcke enteignen!

Von Christian Ortner

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Deutschlands Hauptstadt zeigt gerade vor, wie linke Politik Wohnen noch unleistbarer macht, als es eh schon ist.


Manchmal scheint es, als habe die Geschichte einen subtilen Sinn für Humor. Etwa wenn nun ausgerechnet in Berlin, der ehemaligen Hauptstadt der DDR, ein Volksbegehren startet mit dem Ziel, die sechs größten Wohnbau-Gesellschaften der Stadt zu verstaatlichen, indem deren Eigentümer enteignet werden. Kenner Berlins räumen der Initiative durchaus Chancen auf Erfolg ein.

Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen: Gerade drei Jahrzehnte, nachdem der real existierende Sozialismus zusammengebrochen ist und unter anderem zehntausende Miethäuser im Staatsbesitz hinterlassen hat, die am Zusammenbrechen waren, soll dieses menschenverachtende, irrsinnige und brandgefährliche Experiment also wiederholt werden, und sei es auch nur im kleineren Maßstab. Vermutlich hatte der deutsche Publizist Henryk Broder doch recht, als er kürzlich bei einer Podiumsdiskussion in Wien erklärte, die Deutschen seien verrückt geworden.
Aber nicht nur die Deutschen. Die Idee, die als zu hoch empfundenen Mieten durch gesetzliche Begrenzungen in den Griff bekommen zu können, geistert ja auch hierzulande regelmäßig herum. Dabei müsste sich eigentlich auch ökonomisch minder Verständigen erschließen, dass durch eine Enteignung privater Wohnungsbesitzer nicht ein einziger Quadratmeter Wohnraum mehr entsteht. Mehr noch: Wo enteignet wird, meiden Investoren zukünftig eine derartige Stadt, als würde dort Ebola wüten. Mit der logischen Konsequenz, dass dort dann weniger investiert und weniger gebaut wird, was die Mieten natürlich weiter in die Höhe treiben muss.

Dass sich vermutlich ziemlich viele Menschen in Berlin finden werden, die ein Volksbegehren unterschreiben werden, das zu noch höheren Mieten führen wird, ist nicht eben ein Beleg für die unbedingte Überlegenheit des demokratischen Entscheidungsprozesses. Dass auch der andere, in Wien präferierte Weg, den Markt immer mehr zu regulieren und Mieten gesetzlich zu beschränken, nichts taugt, hat dieser Tage wieder mal eine Studie des Thinktanks "Eco Austria" ergeben. Demnach "führt eine direkte Mietpreisregulierung zu einer höheren Nachfrage nach Wohnraum, zu sinkenden Anreizen für Investitionen und damit geringerem Angebot. Damit wird die Wohnungsknappheit verschärft" (Eco-Austria Experte Wolfgang Schwarzbauer).

An Stelle von noch mehr Regulierung schlagen die Ökonomen des Thinktanks vor, was auch der gesunde Menschenverstand nahelegt. Wenn Preise steigen, liegt das in aller Regel an einem Missverhältnis zwischen Angebot und Nachfrage, also muss das Angebot größer werden, damit die Preise sinken. "Wohnungspolitische Maßnahmen sollten hier ansetzen: Dabei sind Verbesserungen bei der Wohnbauförderung, bei Bauvorschriften und -genehmigungen sowie eine verbesserte Integration von Stadt und Umland zielführend" (Schwarzbauer).

Wer trotzdem glaubt, mit noch mehr Regulierung oder gar Verstaatlichung von privaten Wohnungen das Problem lösen zu können, der mag sich Dokus ansehen, die Ostberlin, Budapest oder Prag vor dem Jahr 1989 zeigen und den unglaublichen Verfall der Bausubstanz dort. Dass gerade Berlin diese simple Erkenntnis teilweise verweigert, ist eine bittere Pointe der Geschichte.