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Herr und Frau der Ringe

Von Christina Böck

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Das Theater hat immer noch Traditionen, die daran erinnern, welchen Zauber und welche Kraft Schauspieler-Verehrung einmal hatte. Der Iffland-Ring ist so eine Tradition. Der diamantbesetzte Eisenring wird von seinem jeweiligen Träger testamentarisch an den seiner Meinung nach "jeweils bedeutendsten und würdigsten Bühnenkünstler des deutschsprachigen Theaters" auf Lebenszeit verliehen. Zuletzt war er im Besitz von Bruno Ganz. Nach seiner Beisetzung am Mittwoch kann es nun nicht mehr lang dauern, bis enthüllt wird, wen er als Nachfolger erwählt hat.

Das Fachmagazin "Theater heute" hat die Wartezeit dafür genutzt, zu fordern, dass der Ring, der nur an männliche Schauspieler verliehen wird, auch für Frauen geöffnet werden soll. Geeignete Kandidatinnen wären laut "Theater heute" Sophie Rois, Birgit Minichmayr, Constanze Becker, Lina Beckmann und Wiebke Puls. "Sie alle haben auf ihre Weise dazu beigetragen, das Bild der zeitgenössischen Schauspielerin neu zu deuten." Das ist fraglos richtig. Allein, für Frauen gibt es bereits einen anderen Ring, den Alma-Seidler-Ring. Will man der Schauspielerin Seidler den Wert absprechen, ist nur der Ring, der den Namen eines Mannes trägt, das Wahre? Und schließlich: Es ist eine Tradition und kein Gesetz. Sollte der Träger, sei es Ganz oder sein Nachfolger, dezidiert einfach so eine Schauspielerin auswählen, würde der Eigentümer des Rings, die Republik Österreich, wohl kaum auf eine posthume Revidierung pochen - an wen sollte sie sich auch wenden?