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Notre-Dame: Stänkern über die Spender

Von Christoph Irrgeher

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Es wäre nicht 2019, hätte der Brand von Notre Dame nur Betroffenheit ausgelöst. Im Empörungszeitalter flammt schnell auch Kritik auf. Manche davon ist verständlich - wie jener Brief, den Kulturerbe-Experten Emmanuel Macron geschickt haben. Die Forderung: Der französische Präsident, der vollmundig einen Wiederaufbau binnen fünf Jahren avisiert hat, solle sein Augenmerk lieber auf eine sorgfältige Restauration richten, eine Huschpfusch-Aktion helfe keinem. Man hört aber auch Kritik zweifelhaften Inhalts, nämlich an den Großspendern. Diese haben Hilfe in Milliardenhöhe zugesagt. So so!, ätzen die Tadler: Für Notre Dame ist Geld en masse da, für Obdachlose nicht.

Nun stimmt es, dass nicht jede Spende automatisch edel ist. Almosen für den IS oder identitäre Wirrköpfe verdienen kein Lob. Es wird aber wohl keiner behaupten, dass die Hilfe für eine halbverbrannte Kathedrale in diese Kategorie fiele. Vor allem: Es ist kontraproduktiv, Spendenzwecke gegeneinander auszuspielen.
Kein Zweifel: Es wäre wichtig, Clochards verstärkt unter die Arme zu greifen. Aber wäre es nicht noch besser, krebskranken Kindern zu helfen? Oder traumatisierten Kriegsopfern? Die Fragen ließen sich endlos fortsetzen. Am Ende, so hat ein kluger Kopf bemerkt, wäre nur derjenige ohne Tadel, der gar nichts gespendet hat. Und das, obwohl all diese Hilfetaten würdig und recht wären. Wer Gutes tun will, wird sich seinen Spendenzweck noch selbst aussuchen dürfen. Ohne sich von einem grassierenden Moralaposteltum lähmen zu lassen.