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Jan Böhmermann, ohne Widerrede

Von Christoph Irrgeher

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Das 21. Jahrhundert hat bemerkenswerte Neuerungen hervorgebracht. Da gibt es "soziale" Medien, die Zank und Zorn befördern. Und es gibt Komödianten, die kaum noch etwas mit Komik zu tun haben. Wie Jan Böhmermann. 1981 in Bremen geboren, ist er zum Säulenheiligen selbstgewisser Linker aufgestiegen. Es mehren sich aber auch Stimmen, die ihn den "Bademeister der deutschen Humorszene" schelten. Mit Grund. Böhmermann ist in erster Linie kein Komödiant, schon gar keiner, der die anarchische Kraft des Witzes entfesseln möchte. Er will vielmehr die Ordnung des Alltags perfektionieren, und das in seinem Sinn: jeder Fremdkörper im linken Weltbild ist auszutreiben. Gefährlich nah an einem Humor-Jakobinertum, ist er dabei nicht zimperlich. Im Rahmen von Gesinnungspointen, die denselben Grundsätzen folgen wie ein rechter Bierzeltpopulismus (nämlich "Mia san mia" und "Die g’hören weg") veranstaltet er veritable Prügelorgien mit der Nazikeule. Dabei schützt er sich vor Attacken: Was er tut, sei "Satire". So fadenscheinig das wirkt: Im Rahmen der Kunst- und Meinungsfreiheit sind wohl auch solche Shows mit Rambo-Rhetorik zu tolerieren.

Heikler liegen die Dinge freilich im Fall jenes Interviews, das der ORF mit Böhmermann geführt und im Rahmen des "Kulturmontags" gezeigt hat. Gewiss: Es überraschte nicht, dass der Provokateur keinen Millimeter von seinem Kurs abwich, dass er Kanzler und "acht Millionen debile" Österreicher beschimpfte. Was aber schon fein gewesen wäre: Hätte der ORF-Mann dabei mit einer Tugend geglänzt, die als Kennzeichen von Qualitätsjournalismus gilt - kritische Nachfragen. Doch nichts dergleichen. Stattdessen hieß es nach dem Beitrag bloß leerformelartig, der Sender distanziere sich von den provokanten Aussagen und "Satire darf alles". Nun ja. Ein Jan Böhmermann kann es sich so einfach machen. Dem ORF steht das aber nicht gut zu Gesicht.