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Fragen kostet nicht gleich das Leben

Von Christoph Rella

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"Ich finde diese Fragen nach der Todesstrafe komisch, ich fahre schließlich auch nicht nach Texas und frage dort nach", meinte ein deutscher Fernsehjournalist in Minsk. Soll also heißen: Lassen wir die weißrussische Politik aus den Europaspielen ganz draußen, zum einen bringt es nichts und zum anderen wäre es ja "unfair", das arme Belarus für etwas zu geißeln, das gleichzeitig auch in großen Olympia-Gastländern wie China oder den USA praktiziert wird - und ohne, dass darum viel des Aufhebens gemacht würde.

Aber genau das ist das Problem. Wenn Sportmedienleute meinen, sich nur für Sportstars, Stadien, Ergebnisse und Zeitnehmungen interessieren zu müssen, den Blick über den Arenenrand aber nicht wagen, so verkommt ihre Tätigkeit zur biedermeierlichen Hofberichterstattung, die außer Zahlen nichts zu liefern weiß. Das können auch Roboter. Und diese sind gerade bei autokratischen und konservativen Regimen, die zu Olympia-Ehren kommen, gern gesehen, eben weil sie keine politischen Fragen stellen.

Die Europäischen Olympischen Spiele in Minsk stellen da keine Ausnahme dar. Dass sich aber die Vertreter von Staat und Komitee die Frage nach der Todesstrafe gefallen lassen müssen, ist hier umso dringlicher, als das kaum 700 Kilometer von Wien entfernt liegende Belarus das letzte Land Europas ist, das Kapitalvergehen noch gemäß seiner Bezeichnung ahndet. Diese Politik blockiert nicht nur die nötige Annäherung an EU und Europarat, sondern ist auch ein Makel für ganz Europa. Wenn schon die lokalen Politiker das nicht ändern wollen, so wird man doch zumindest danach fragen dürfen.