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Super-Spaß am Super-GAU

Von Christina Böck

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Es gibt für alles einen Fetisch. Das mag man denken beim Anblick jenes Bildes einer jungen Dame, die sich lasziv aus einem Schutzanzug schält, darunter trägt sie nur einen Stringtanga. Im Hintergrund zu sehen ist das havarierte AKW Tschernobyl. Das ist das bizarre Highlight einer Welle an Fotos, die derzeit die Bilderteilplattform Instagram überfluten. Schuld am neu aufgeflackerten Interesse am Schauplatz des Super-GAUs ist eine (hervorragende) TV-Serie auf Sky. "Dark Tourism" nennt man diesen Zweig der Reisebranche, der Besucher an die Stätten von Katastrophen führt. Zwei-Tages-Touren führen etwa nach Pripyat, die Geisterstadt, die nach der Explosion des Reaktors wegen massiver Strahlenbelastung Hals über Kopf evakuiert werden musste. Ein Reiseveranstalter gibt an, man sei nur einer um ein Vielfaches geringeren Strahlendosis als bei einer Röntgenbehandlung ausgesetzt.

Das nimmt man schon einmal in Kauf für ein paar knackige Likes auf Instagram. Es scheint nicht nur mangelndes Wissen über die gesundheitlichen Gefahren zu sein, das die Menschen auf diesen Spritztouren begleitet, sondern auch fehlender Respekt vor den tausenden Toten, die dieser Atomunfall letztlich verursacht hat. Der Produzent der Serie hat schon dazu aufgerufen, ein wenig Pietät walten zu lassen. Und wer in dieser Serie gesehen hat, wie sich Körper horrorfilmmäßig auflösen und man nur hilflos zusehen kann, der sollte eigentlich gar nicht so viel Lust verspüren, nach Tschernobyl zu reisen.