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Königsrochaden beim Festival Erl

Von Christoph Irrgeher

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Lässt sich ein Künstler von seinem Werk trennen? Die Frage ist am zehnten Todestag von Michael Jackson wieder aufgeflammt und zielte vor allem auf den Umgang mit seinen Hits: "Darf" man diese Musik angesichts der Missbrauchsvorwürfe rund um Jackson noch hören? Die Antwort sollte Ja lauten. Erstens handelt es sich um Meilensteine der Popgeschichte. Zweitens wäre eine Verbannung sinnlos, weil sie an der Vergangenheit nichts ändern würde.

So sauber getrennt lassen sich Person und Werk aber nicht immer behandeln. Im Fall von Gustav Kuhn scheint es unmöglich. Der österreichische Dirigent sah sich ebenfalls schweren Vorwürfen ausgesetzt, in seinem Fall waren sie aber eng mit seiner Arbeit verwoben. Kuhn, so hieß es, habe die Leitung der Festspiele Erl zur Einforderung von Gefälligkeiten missbraucht. Ob das zutrifft, sei dahingestellt. Die Anschuldigungen wirkten aber profund recherchiert, und einige Anklägerinnen gingen mit vollem Namen in die Medien. Damit stand nicht nur der Mensch und Künstler Kuhn am Pranger, sondern auch das von ihm gegründete Festival. Im Herbst 2018 tat er schließlich das Nötige und trat zurück.

Diesen Donnerstag beginnt das Klassik-Festival erstmals Kuhn-frei. Andreas Leisner führt den Betrieb interimistisch, im September übernimmt der profilierte Operndirektor Bernd Loebe die Zügel. Man darf Erl eine so skandalarme wie erfolgreiche Zukunft wünschen - als Fortführung von Kuhns unbestrittenem Verdienst: ein Prestige-Festival in die Tiroler Landschaft gestellt zu haben.