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Man wird keinen Richter brauchen 2.0

Von Christina Böck

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Christina Böck ist "Feuilleton"-Ressortleiterin.
© Wiener Zeitung / Thomas Seifert

Es war ein ziemlich beispielloses Vorgehen. Ende Oktober 2017 wurden erstmals Missbrauchsvorwürfe gegen Schauspieler Kevin Spacey laut. Wenige Tage später hatte er seine Hauptrolle in der Serie "House of Cards" verloren. Kein Monat später war er schon aus seinem letzten Film, Ridley Scotts "Alles Geld der Welt", gelöscht worden. Bis heute haben sich 30 Männer gemeldet, die Spacey sexuelle Übergriffe vorwerfen. Mittwoch Nacht gab es freilich eine überraschende Wende in der für so viele so glasklaren Sache. Ein Strafverfahren wegen eines mutmaßlichen sexuellen Übergriffs wurde eingestellt. Angestrengt wurde es von einem Mann, den Spacey betrunken gemacht haben soll und dem er in den Schritt gegriffen haben soll. Der Mann hatte vor Gericht seine Aussage verweigert, außerdem war ein Handy, das die Szene zeigen sollte, nicht mehr auffindbar.

Nun kann man den Theorien des Internets Glauben schenken, dass hier womöglich Geld den Ausschlag zum Schweigen gegeben hat. Oder man kann sich - ganz unbedarft und völlig aus der Mode - auch denken, dass es vielleicht doch nicht ganz so war, wie es vorher behauptet wurde.

Denn letzteres denkt man sich in solchen Fällen neuerdings deutlich zu selten. Rasche Urteile nach Hörensagen sind der letzte Schrei, aber schon im Mittelalter waren die nicht immer die gerechtesten. Selbst wenn Spacey doch schuldig sein sollte, ist er so zu einer Symbolfigur dieser mulmigen Ära der Schnelljustiz geworden.