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Radsport muss in die Safety-Car-Phase

Von Christoph Rella

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An und für sich ist die Strecke zwischen Chorzów nach Zabrze nahe der südpolnischen Stadt Kattowitz nicht gefährlich. Die Straßen weisen kaum Anstiege oder scharfe Kurven auf - und dennoch musste hier am Montag ein 22-jähriger Radprofi aus Belgien sterben. Bjorg Lambrecht verlor sein Leben auf der dritten Etappe der Polen-Radrundfahrt, nachdem er bei starkem Regen gegen eine "Betonkonstruktion" gefahren und trotz erfolgreicher Reanimation wenige Stunden später im Spital verschieden war. "Die größte Tragödie, die der Familie, Freunden und Kollegen von Bjorg passieren könnte, ist passiert . . . Ruhe in Frieden", schrieb Lambrechts Rennstall "Lotto Soudal" auf Twitter.

Als Fan und Beobachter fragt man sich freilich: Was bitte hatte die "Betonkonstruktion", die Lambrecht das Leben kostete, auf der Strecke zu suchen? Und warum wird bei Radrennen zu wenig gegen die Gefahr eines tödlichen Sturzes getan? Die Statistik lügt nicht: Seit 1894 sind weltweit 141 Athleten - die 52 Trainingstoten nicht mit eingerechnet - bei Radrennen gestorben, Tendenz steigend. Waren in den 1990er Jahren nur drei Todesopfer zu beklagen, so explodierte die Zahl allein zwischen 2000 und 2019 auf 29. Zuletzt ist am 18. März mit Steff Loos ein weiterer Belgier "im Dienst" tödlich verunglückt. Er wurde nur 19 Jahre alt.

Möglicherweise könnte sich der Radsport an der Formel 1, wo dank sinnvoller Maßnahmen der Blutzoll mittlerweile auf fast null gedrückt werden konnte, ein Beispiel nehmen? Der Wahl der Strecken und ihrer Sicherung müsste ebenso mehr Augenmerk geschenkt werden wie dem Risiko durch Geschwindigkeit, Wetter oder Begleitfahrzeuge. Auch ist zu überlegen, wie die Radsportler selbst durch bessere Ausrüstung geschützt werden können. Das mag die Leistung behindern, aber dafür manches Leben retten.