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Bekenntnisse einer Raucherin

Von Martyna Czarnowska

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Elftes Gebot: Du sollst nicht rauchen. Mittlerweile in der Gebotshierarchie weit nach oben gerückt. Die Zeit ist also reif für ein Rauchverbot in allen Gaststätten. Sollen doch alle, statt im Kaffeehaus rumzusitzen und zu rauchen, sich bewegen und gesund ernähren.

Ich bekenne: Ich liebe es zu rauchen. Ich bin sehr talentiert im Herumsitzen. Ich mag kein Gemüse, kein Obst. Und, ätsch, ich bin so gut wie nie krank.

Halt, halt, könnten da schon Rauchgegner rufen und mit einem ihrer gängigen Argumente kontern. Noch mag ich gesund sein, aber meine Mitbürger werden später für die Behandlung meines Lungenkrebses aufkommen müssen, von dessen Unvermeidbarkeit sie überzeugt sind. Das kostet viel Geld. Was sie nicht bedenken, ist, dass ich zwanzig Jahre früher sterbe - und dadurch Jahre an Pflegekosten entfallen. Im Übrigen trage ich in der Zwischenzeit zur Stabilität des Staatshaushalts bei. Die Einnahmen aus der Tabaksteuer sind nicht unwesentlich.

Als Nächstes heißt es dann, dass ich meine Mitmenschen dem schädlichen Einfluss des Rauchens aussetze. Das gilt zwar schon lange nicht mehr für öffentliche Gebäude und Verkehrsmittel, für so gut wie alle Restaurants und viele Kaffeehäuser, aber von den paar Räumen, in denen ich noch rauchen darf, geht anscheinend noch immer eine immense Gefahr aus. Diese übersteigt offenbar bei weitem jene, die der Feinstaub in sich birgt, den wir alle in der Stadt einatmen.

Und das Argument des Mitarbeiterschutzes, der Hebel für die Rauchverbote, soll auch dann Wirkung behalten, wenn es gar keine Mitarbeiter gibt. Der Wirt, der, selbst Raucher, selbst hinter der Theke steht und selbst seine rauchenden Gäste bedient, hat halt Pech. Wenn die Kunden dann ausbleiben, kann er ja sein Lokal zusperren und arbeitslos werden. Ist wohl eh gesünder.

Dann gibt es noch den Jugendschutz. Dass Menschen unter 16 Jahren per Gesetz am Kauf und an der Konsumation von Zigaretten gehindert werden sollen, ist nur rechtens. In den Lokalen, die ich zu später Stunde frequentiere, haben Kinder aber sowieso nichts verloren. Hunde eigentlich auch nicht, aber die haben ja mittlerweile mehr Rechte als Raucher.

Überhaupt Rechte: Immer mehr Gruppen, die ihren Raum zum Leben in der Gesellschaft beanspruchen, werden berücksichtigt. Tausende Kilometer an Radwegen werden gebaut, auch für Tiefgaragen findet sich Platz. Für Fitnessbewusste gibt es Möglichkeiten out- und indoor. Latte-Macchiato-Trinker wissen wohin, ebenso wie Bastelfreudige, die ihre Keramikerzeugnisse selbst bemalen möchten. Es gibt Hundezonen, Ruhezonen, Spielzonen, gratis WLAN-Zonen. Aber nein, nein, nein, Raucherzonen dürfen nicht sein. Die 30 Kubikmeter Luft in meinem Lieblingsbeisl darf ich nicht verpesten; der Rest der Welt könnte ja davon untergehen.

Wenn es nach einigen Nichtraucher-Fundamentalisten ginge, würde das Urteil für Raucher so ausfallen: Verbannung auf eine unbewohnte Insel, weit weg von der gesunden Zivilisation. Die Insel müsste jedoch felsig sein, ohne Fauna und Flora. Andernfalls trügen wir auch noch an dem allfälligen Waldsterben dort und den Krankheitssyndromen der ansässigen Tierarten Schuld.