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Geltungssucht, in Glas gegossen

Von Bernhard Baumgartner

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Der Wiederaufbau von Notre-Dame hat in Frankreich zu einer hitzigen Kontroverse geführt, die mittlerweile auf Sandkastenniveau angekommen ist. Streitpunkt: Präsident Emmanuel Macron möchte die Kathedrale offenbar "in moderner Form" wiederaufbauen. Im Gespräch ist etwa ein Turm aus Glas anstelle des herkömmlichen Steingebäudes. Auf der anderen Seite stehen die Denkmalschützer, die nun durch den "Wiederaufbau" eines völlig anderen Gebäudes sozusagen die endgültige Zerstörung von Notre-Dame fürchten - offensichtlich nicht ganz zu Unrecht. Bisheriger Tiefpunkt: Der Beauftragte von Präsident Macron, Jean-Louis Georgelin, -ein ranghoher Ex-Militär -, wies Chefarchitekt Philippe Villeneuve zurecht, er solle "den Mund halten". Auf so einem Niveau löst man nicht einmal Konflikte in der Marienkäfergruppe in einem städtischen Kindergarten, geschweige denn in der hohen Politik. Tatsache ist, dass ein "kreativer Wiederaufbau" in moderner Form durchaus als Anschlag auf das historische Gebäude gesehen werden kann. Und es stellt sich die Frage, was wichtiger ist: eine jahrhundertealte Institution von Weltrang wiederherzustellen oder ihr zur Befriedigung des Egos den eigenen Stempel aufzudrücken? Man muss kein grundsätzlicher Feind neuer Baustile sein (da hätte man ein schweres Leben), aber in diesem Fall täte eine angemessene Lösung gut. Wahrzeichen ist Wahrzeichen, da sollte man den Bürgern nicht etwas aufs Auge drücken, was sie nicht wollen.