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Die bittere Pille ist nicht das Urteil selbst

Von Tamara Arthofer

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WZ Tamara Arthofer
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Dopingmittel, in die Zahnpasta geschummelt? Präparate, eigentlich gegen erektile Dysfunktion für den Hund vorgesehen? Alles schon gehabt. Die Liste an Rechtfertigungen, die Sportler gefunden haben, um sich als unbedarfte Unschuldslämmer darzustellen, füllt Aktenschränke. Doch wer glaubt, sie wären an Absurdität nicht zu überbieten, wird nun eines Besseren belehrt. Denn die Argumente, warum der am Montag von der Welt-Anti-Doping-Agentur ausgesprochene Sportbann Russlands dann doch eh auch bei den größten Veranstaltungen der Welt nicht oder nur teilweise gilt, toppen die Ausreden der Ertappten bei Weitem. Die Fußball-EM ist auf einmal nur noch ein "regionales Ereignis", wiewohl sie 2020 sogar in zwölf Ländern ausgetragen wird, zuletzt 2,5 Millionen Zuschauer in die Stadien und mehr als hundertmal so viele Menschen weltweit vor die TV-Geräte gelockt hat. Die Fußball-WM wiederum kann man ja mit vom Schriftzug "Russland" befreiten und damit vermeintlich auch vom Dopingvorwurf reingewaschenen Trikots bestreiten, analog zu den Olympischen Spiele und anderen Veranstaltungen. Solange die nicht
unter "Major Sports Events" zählen, ist es sowieso nicht der Rede wert.

Freilich kann man der Wada schwerlich einen Vorwurf machen, sie hat im Rahmen ihrer Möglichkeiten agiert. Und alle Russen von jeglicher Sportbetätigung zu verbannen, wäre wiederum eine Generalstrafe, die einer juristischen Prüfung kaum standhalten würde. Dennoch braucht niemand so zu tun, als ob Russland durch die Entscheidung komplett ins Abseits gedrängt worden wäre, wie dies mit unterschiedlichen Narrativen nun von beiden Seiten kolportiert wird. Diese Instrumentalisierung des Urteils ist das, was den eigentlich schalen Nachgeschmack hinterlässt - und der ist bitterer als die kontaminierte Zahnpasta und das Pulverl für den dysfunktionalen Hund.