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Das Virus und die Buchhändler

Von Edwin Baumgartner

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"Wiener Zeitung"-Klassikexperte Edwin Baumgartner.

Jetzt heißt es, erfinderisch sein!

Ja, gewiss, Amazon, der Schrecken der Buchhandlungen. "Da sitzen’s zu Haus und klicken die Listen durch, und keiner kommt ins Geschäft", hat nur ein paar Tage vor Ausbruch der Corona-Krise ein befreundeter Buchhändler geklagt. Nun hat das Virus die Karten neu gemischt.

Keine Bange um den Großunternehmer Amazon: Der hat seinen Wettbewerbsvorteil längst unter Dach und Fach, weil er ja zum Krimi auch den Tennisschläger liefert und zum Tennisschläger das Kondom. Aber auf dem Sektor Buch könnte jetzt ein annähernder Gleichstand erzielt werden.

Allen Lesern, die in diesen Tagen Bücher bestellen, sei es ins Gedächtnis gerufen: Bücher sind kein französischer Käse, der beim Billa günstiger ist als im Spezialladen. Im deutschen Sprachraum herrscht die Buchpreisbindung. Amazon ist ganz genau gleich teuer wie die kleine Buchhandlung zwei Straßen weiter.

Daher Appell an alle Leser: Amazon braucht Ihre Bestellung nicht, um zu überleben (wie gesagt: Tennisschläger, Kondom etc.), der Buchladen schon.

Appell zwei ergeht an die Buchhändler: Sie müssen sich etwas einfallen lassen, um das Interesse ihrer Kunden zu wecken. Gezielte Empfehlungen statt der Kataloglisten? Personalisierte Mail-Listen? Online-Präsentationen, etwa "18-Uhr-Buchempfehlungen" oder gar Online-Autorenlesungen? Es kommt wie nie zuvor in diesem Metier auf die Fantasie an. Dass Buchhändler mehr davon haben als ein Gemischtwarenkonzern, ist anzunehmen.