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Jeder Katastrophe ihr Zitat

Von Edwin Baumgartner

Kommentare
"Wiener Zeitung"-Klassikexperte Edwin Baumgartner.

- Wir brauchen mehr Katastrophen. Eindeutig.

- Reicht Ihnen Corona nicht?

- Nicht unbedingt.

- Gut, ich verstehe, Sie sind ja nicht betroffen, weil sich Geister, zumindest nach derzeitigem Kenntnisstand, nicht infizieren können. Das gilt ja für mich ebenso. Dennoch . . .

- Ich wäre für eine Giftkatastrophe durch Fliederdüfte.

- . . . -dünste. Und überhaupt . . .

- Düfte, Dünste, einerlei. Da könnte man mich zitieren: "Was duftet doch der Flieder . . ." Danach schlage ich eine Brandkatastrophe vor: "Lockt dich zu ihm die lachende Lohe?" Danach ein Zusammenbruch des Finanzsystems, einige wenige sind die Gewinner, und sie entziehen sich der sozialen Verantwortung: "Ich lieg und besitz: Lasst mich schlafen." Zum Schluss hätte ich etwas besonders Feines: die Verwüstung der Welt durch Drachen. "Rätlich und fromm doch scheint’s, du verrecktest hier ohne Frist." Na, was sagen Sie?

- Sie machen vor Staunen mich stumm.

- Ha! Auch von mir! Sie, mein Bester, haben gut reden. Lesen steht ja jetzt hoch im Kurs. Aber Oper? Was ist schon Streaming? Oper ist mein Gottesdienst! Mir haben sie sogar meine Weihespiele zugesperrt.

- Und jetzt frisst Sie der Neid?

- Das wundert Sie? "In der Gefahr wächst das Rettende auch." Toll. So eine Zeile kriegt jeder hin. Ich mag Drachen.

- Lieber Herr Wagner, ich sage Ihnen ehrlich: Sie sind verrückt.

- Sie brauchen was reden, Herr Hölderlin!