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Kleines Comeback der Klassikkonzerte

Von Christoph Irrgeher

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"Wiener Zeitung"-Klassikexperte Christoph Irrgeher.

Es ist ein paar Jahre her, da kam es in Wien zu einem Konzert-Debakel. Eine Disko in der Vorstadt hatte den Jazz-Saxofonisten Chris Potter für einen Auftritt verpflichtet. Nur sprach sich diese Kunde nicht bis zur Zielgruppe durch. So hockten am besagten Abend dann rund 30 Besucher in der leeren Disko - und applaudierten aus Leibeskräften gegen die eigene Spärlichkeit an. "Ihr seid ein kleiner, aber mächtiger Haufen", lobte sie der US-Saxofonist.

Ab 5. Juni werden in Wien - überraschend, aber doch - wieder Klassikkonzerte stattfinden. Auch sie dürften traurig aussehen. Bis zu 100 Zuschauer sind vorerst zugelassen. Dieses Grüppchen wird den Mozartsaal des Konzerthauses zu einem Siebentel füllen, den großen Saal nur zu fünf Prozent. Und der Goldene Saal des Musikvereins wird so dünn besiedelt wirken wie die eisigen Weiten Alaskas. Zustände, die nicht jeden begeistern. Anna Netrebko hat sich auf Instagram über solch schütter besetzte Säle echauffiert. "Stoppt dumme Regeln!", schrieb sie.

Nun ist Frust nachvollziehbar. Er sollte aber der Einsicht weichen, dass die Covid-Krise nun einmal strikter Maßnahmen bedarf. Zudem ist ein Blick zurück erfreulich: Im April hat noch kaum jemand mit einem Klassik-Comeback vor Herbst gerechnet. Aus dieser Perspektive sollte man die Dinge betrachten - statt den Status quo am Normalbetrieb zu messen. Denn ein Vollbetrieb setzt eine vollständige Bändigung jener Pandemie voraus, die gerade für betagte Klassikfans üble Folgen haben könnte.