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Was Satire nicht darf

Von Edwin Baumgartner

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"Wiener Zeitung"-Klassikexperte Edwin Baumgartner.

"Satire darf alles." Das weiß man, seit Jan Böhmermann dem türkischen Präsidenten geschrumpfte Hoden andichtete und dies, da quasi unter Anführungszeichen gestellt, in einem Großteil der deutschsprachigen Medien als Satire auf der Metaebene gerühmt wurde. Aber Recep Tayyip Erdogan ist nun einmal der Buhmann Europas, wozu er freilich selbst allerhand beigetragen hat.

Und nun ein Kommentar zur MeToo-Debatte: "Am meisten enttäuscht es von den Juden. Da haben wir immer gegen diesen dummen Vorwurf gewettert, denen ginge es nur ums Geld. Und jetzt plötzlich kommt raus: Denen geht’s wirklich nicht ums Geld, denen geht’s um die Weiber, und deswegen brauchen sie das Geld."

Das darf Satire nicht, befand das Hamburger Harbour Front Literaturfestival und lud die steirische Kabarettistin und Poetry-Slammerin Lisa Eckhart aus, nachdem man sie nicht zum freiwilligen Rückzug überreden hatte können. Der Vorwand: Man befürchtete einen Krawall.

Angst vor der eigenen Courage?

Schließlich musste man, als man Lisa Eckhart einlud, um ihr Spiel mit Geschmacklosigkeiten wissen. Lisa Eckhart sagt solche Sätze nicht als Lisa Eckhart, sie artikuliert, was Antisemiten denken. Fühlt sich jemand ertappt? Hat gar jemand vorschnell zugestimmt?

Satire auf der Metaebene ist halt einfacher nachvollziehbar, wenn die Rollen von Gut und Böse klar verteilt sind. Schwierig sind Gratwanderungen. Dann kann sogar das Bloßstellen von Antisemitismus als Antisemitismus missverstanden werden.