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Parallelwelt Oktoberfest

Von Christina Böck

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"Obgsagt is" statt "Ozapft is":
Wer heuer auf die Homepage von Münchens Volksfest geht, dem wird ganz blümerant ums Herz. Denn das Oktoberfest 2020 ist bereits seit Frühling gecancelled - und auf der Website greint darob ein winzig kleiner Klischee-Bajuware in einschlägiger Tracht bitterliche Sprühtränen. Den Gamsbarthut fest in der zitternden Hand.

Das rührt. Vielleicht kann es dem Miniatur-Gustl-Bayrhammer zum Trost gereichen, dass diese Situation nun auch so eine Art Parallelwelt geschaffen hat. Denn wo man hinschaut: Überall ist Oktoberfest - nur eben nicht in München. Vor allem im Konsumbereich, sozusagen von Kik bis Lidl: Dirndl gibt es wieder einmal allerorts im Angebot, von eleganter Seidenspitze bis zum knappen Erwachsenenfilm-Pendant. Und in jedem Supermarkt sind die Weißwurst und der Hausmacher-Senf, der im Rest des Jahres im langen Schatten des Kremser Senfs steht, nur die Vorhut für allerlei Oktoberfest-inspirierte Produkte vom Obazten über das Grillhendl zum Selberrösten bis zum Diskonterbier in der Wiesn-Aufmachung.

In einer Zeit, die an Absurditäten nicht arm ist, ist das ein besonders hübsches Exemplar. Es stellt den altbekannten Spruch "Stell dir vor, es ist Krieg, und keiner geht hin" bierselig auf den Kopf: "Stell dir vor, es ist kein Oktoberfest, und alle gehen hin!" Jetzt fehlt nur noch, dass irgendjemand einen diesjährigen Fantasiepreis für die Maß Bier bekanntgibt - der in echt wirklich so unrealistisch hoch gewesen wäre.