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Einschneidende Herausforderung

Von Eva Stanzl

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Die Entscheidung des Nobel-Komitees ist für all jene, die sich eine gerechte Bewertung der wissenschaftlichen Leistungen von Frauen ersehnen, eine besondere Freude. Denn anders als Rosalind Franklin, deren Beiträge zur Entdeckung der DNA-Struktur seinerzeit ignoriert wurden, dürfen heute zwei junge Frauen über den höchsten Preis in den Wissenschaften jubeln. Der Nobelpreis in Chemie 2020 ging an Emmanuelle Charpentier und Jennifer Doudna für die Gen-Schere Crispr/Cas 9 - "das Werkzeug, um den Code des Lebens neu zu schreiben", betont das Nobelkomitee. Mit ihm lässt sich die DNA von Tieren, Pflanzen und Mikroben punktgenau verändern.

Genau das ist die große Herausforderung an unser aller ethisches Handeln. Es wird von uns abhängen, ob wir dieses mächtige Instrument dazu einsetzen, um den Traum der Heilung von Erbkrankheiten zu verwirklichen, oder den Albtraum genetischer Mischwesen Realität werden zu lassen. Nur die Kernspaltung hat eine ähnlich zweischneidige Macht über das Leben. Sie ermöglicht sowohl emissionsfreie Energie als auch Atombomben, die die Menschheit vernichten. Und dennoch haben wir uns bisher nicht in die Luft gejagt. Dazu beigetragen hat der Atomwaffensperrvertrag über die Nichtverbreitung von Nuklearwaffen. Dass ähnliche Verhandlungen zur Gen-Schere mit einigen Ländern schwierig werden könnten, liegt auf der Hand. Dennoch ist ein internationales Abkommen zum Umgang mit Veränderungen am Code des Lebens ein Gebot der Stunde, damit die Menschheit dieses im wahrsten Sinn einschneidende Ergebnis der Wissenschaft zum Vorteil aller nützt.