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Die Sache mit der Meinungsfreiheit

Von Christoph Rella

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Wenn Athletinnen und Athleten die Bühne des Sports nutzen, um "ein Zeichen" gegen Rassismus, Ungerechtigkeit oder politische Missstände zu setzen, wie es so schön heißt, so ist das wohl ihr gutes Recht. Allerdings sind hier nicht alle gleich: So macht es zum Beispiel einen Unterschied, ob man ein Mann oder eine Frau ist, aus welchem Land man kommt oder welche Sportart man ausübt. Im Fall des Star-Quarterbacks Colin Kaepernick genügte bereits ein gebeugtes Knie, um dessen Karriere zu zerstören - und das in einem eigentlich freien Land wie den USA. Im Gegensatz dazu wurde etwa Formel-1-Star Lewis Hamilton für seine politischen Gesten wider Rassismus und Intoleranz allseits bejubelt.

Ein Lied davon singen, wie es ist, unbemerkt von der Welt wegen einer kritischen Äußerung vor Gericht gezerrt zu werden, kann die brasilianische Beach-Volleyballerin Carol Solberg. Weil sie im September in einem TV-Interview "Bolsonaro raus" gerufen hatte, musste sie sich wegen Präsidentenbeleidigung verantworten und wurde erst jetzt, zwei Monate später, vom Sportgerichtshof des Landes in letzter Instanz doch noch freigesprochen, wenn auch nur sehr knapp mit fünf zu vier Stimmen. Eine Verurteilung hätte möglicherweise das Ende ihrer Karriere bedeuten können.

Die alte Frage, die sich in diesem Zusammenhang stellt, lautet: Wie viel Politik verträgt der Sport? Dürfen Sportler im Fernsehen wirklich alles sagen, was sie sich denken? Grundsätzlich wohl ja, allerdings müssen sie die Folgen - Stichwort Shitstorm - selbst tragen. Felix Baumgartner etwa hat sich schon öfters in diese Situation manövriert. Weswegen es grundsätzlich klüger wäre, wenn politische Äußerungen mit einem deutlichen Bezug - wie bei Kaepernick, Hamilton und Solberg der Fall - getätigt werden. Die Meinungsfreiheit ist schließlich kein Selbstzweck.