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Warum mir der Jahreswechsel wurscht ist

Von Mathias Ziegler

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Mathias Ziegler ist Stellvertretender Chef vom Dienst der "Wiener Zeitung".
© WZ

Ein Silvesterabend alleine, ohne Feuerwerk und "Prosit Neujahr!" um Mitternacht? Ja bitte! Ein CONTRA zur Silvesterfeier.


Wos brauch i um Mitternacht a Sunn?" Lassen Sie mich die rhetorische Frage von Helmut Qualtingers Kunstfigur Travnicek abwandeln: Wos brauch i um Mitternacht a Feuerwerk? Wos brauch i überhaupt Silvester?

Warum soll ich, der als mündiger Erwachsener schlafen geht, wann er will - und ja, oft genug nach Mitternacht -, ausgerechnet an einem bestimmten Tag des Jahres zwanghaft aufbleiben, nur weil irgendeine krude Tradition das so vorsieht? Und ja, natürlich gibt es Ohropax - aber wer denkt an die unzähligen Wild- und Haustiere, die Jahr für Jahr durch die Silvesterknallerei aufgeschreckt werden?

Warum soll ich ausgerechnet am 31. Dezember um Mitternacht raus in die Kälte gehen, um irgendwelchen Betrunkenen dabei zuzuschauen, wie sie Knallkörper anzünden und Raketen in den Nachthimmel starten? Wenn ich bunte Lichter sehen will, brauch ich mich nur zur nächsten Ampel zu stellen. Und als aufgeklärter Katholik des 21. Jahrhunderts ergibt der Brauch des Raketenschießens für mich sowieso keinen Sinn: Oder glauben Sie tatsächlich an jene Wintergeister, die der nächtliche Lärm (vulgo Ruhestörung) dereinst vertreiben sollte?

Und dann noch das zwanghafte Neujahr-
Feiern: Leute, das ist irgendein x-beliebiges Datum, das irgendwelche Kalenderreformen irgendwann festgelegt haben! Schauen Sie in den Iran, nach China oder nach Israel - wenn also für unterschiedliche Menschen der Jahreswechsel so verschieden ist, dann kann es mit der Mystik dieses Termins nicht weit her sein.

Nun werden Sie vielleicht einwenden: "Aber das Fernsehprogramm: Gemeinsam ‚Dinner for One‘ und ‚Mundl‘-Silvesterfolge schauen . . ." Ja, eh. Aber einmal ehrlich: In Zeiten von YouTube kann ich den grandiosen "Dinner for One"-Slapstick schauen, wann und wo ich will, da brauch ich kein Silvester dazu. Und Karl Merkatz in Ehren, aber irgendwann wird auch die ewig selbe "Mundl"-Folge fad. Und der Rest vom Fest: Bleigießen? Hallo, das ist ein hochgiftiges Schwermetall! Sekt? Ich trink lieber Leitungswasser ohne Löcher. Geselliges Beisammensein? Gerne - wenn ich Lust dazu habe und nicht, wenn es der Kalender vorschreibt. Und über die Verletzungsgefahr durch unsachgemäßes Entzünden von Feuerwerkskörpern reden wir hier bitte erst gar nicht. Und auch den Blick auf den Müll, der danach noch wochenlang auf den Feldern herumliegt, ersparen wir uns.

Leid tun mir vor allem die Polizisten, die heuer das durchsetzen müssen, was eh schon lange gilt, aber wahrscheinlich auch heuer von viel zu vielen ignoriert werden wird. Weil der Mensch offenbar Verbote braucht, um sich darüber hinwegzusetzen. Gerade zu Silvester. Gerade bei der Knallerei. Aber heuer schlage ich zurück: Ich stehe am 1. Jänner extra früh auf und ziehe um 6 Uhr Früh mit meiner Ratsche durch die Nachbarschaft.

Gute Nacht!

Ein Silvesterfeiern-Pro lesen Sie hier.