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Ein Galgen für den Journalismus

Von Christina Böck

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CNN-Reporter beschlossen an diesem denkwürdigen Tag, keine Mikrofone mit Aufdruck des Senders zu verwenden. Das war keineswegs übervorsichtig. Denn gegen Ende des Aufstands in Washington mussten sich auch Journalisten um ihr Leben sorgen. ZDF und ARD brachen eilig ihre Liveberichte ab, als eine wütende Menge sich in die Richtung der Übertragungsposition, die die Associated Press für verschiedene Medien zur Verfügung gestellt hatte, bewegte. Ihrer Wut auf die von ihnen so gehasste "Lügenpresse" machten die Randalierer mit der Zerstörung der zurückgelassenen Ausrüstung Luft. Aus einem Mikrofonkabel wurde besonders "liebevoll" ein Galgen geknüpft.

Eine Überraschung war das nicht. Seit Jahren wettert Donald Trump gegen die "Fake News"-Verbreiter, was natürlich auf fruchtbaren Boden fällt bei paranoiden Verschwörungstheoretikern, die den "Mainstreammedien" nicht vertrauen. Bei seinen Veranstaltungen husst er seine Anhänger regelrecht gegen Journalisten auf, lässt sie jubeln, wenn er zufrieden von Schüssen auf einen CNN-Reporter spricht. Über die Jahre starben in den USA die Regionalzeitungen. Wohl auch einer der Gründe, warum Menschen, die sich nicht repräsentiert sehen (wollen), auf dubiose andere Kanäle umsteigen. Das ist fatal, wie man immer öfter sieht. Zumindest der Brandstifter in der zerrütteten Beziehung zwischen Medien und Teilen der US-Bevölkerung ist bald Geschichte. Hier wieder Vertrauen herzustellen, wird eine der großen, aber wichtigen Aufgaben der kommenden Jahre.