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Molloch vs. Molkerei

Von Severin Groebner

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<!-- [if gte mso 9]><![endif]--><!-- [if gte mso 9]>Normal021falsefalsefalseDE-ATX-NONEX-NONE<![endif]--><!-- [if gte mso 9]><![endif]--><!-- [if gte mso 10]><![endif]--><span style="font-size: 11.0pt; font-family: 'Calibri',sans-serif; mso-fareast-font-family: 'Times New Roman'; mso-ansi-language: DE-AT; mso-fareast-language: DE-AT; mso-bidi-language: AR-SA;">Severin Groebner ist Kabarettist und Autor ("Lexikon der Nichtigkeiten"), alles Wissenwerte über ihn und von ihm gibt es unter http://www.severin-groebner.de</span>

Auch die Pandemie verschärft den Gegensatz zwischen Stadt und Land.


Sind wir doch ehrlich: Die Stadt ist ein Moloch. Das weiß man doch. Die Stadt ist ein Hort des Verbrechens, des Zwielichts und der Sittenlosigkeit. Und ungesund ist sie. Verkehrslärm, Feinstaubbelastung, Handystrahlung und die Ausdünstungen des gemeinen Mitmenschen in den öffentlichen Verkehrsmitteln sind da nur der Anfang. Die Bedrohung an Leib und Leben kennt in der Stadt noch ganz andere Ausmaße: Überall kriegt man nervenzersetzende Getränke wie Coffee-to-go, es lauern hinterhältige Stolperfallen wie offene Kanaldeckel, und das arglose Individuum ist obendrein der bösen Nachrede der anonymen Nachbarschaft ausgesetzt. Wer kennt es nicht: Man passiert nichts ahnend zwei ältere Menschen, die auf der Straße stehen, plötzlich verstummt deren Gespräch, Blicke wie Überwachungsdrohnen folgen dem Passanten, und wenn er außerhalb der Hörweite angelangt ist, so beginnt das Gespräch erneut. Und worüber? Man kann es sich denken. Widerspruch ist unmöglich. Obendrein sind die meisten bewaffnet. Sie haben Hunde, die im Zweifelsfall mit aktiver Bekotung des Fußgängerwegs das Revier markieren. Dabei haben wir noch gar nicht von der Kriminalität gesprochen. Die Mietpreise allein sind schon ein Raubüberfall, die Architektur so manchen Einkaufszentrums ein Angriff auf den guten Geschmack, und die zahlreichen unterschiedlichen Sprachen aus aller Welt werden nur gesprochen, um den Stadtmenschen geistig zu verwirren. Damit er nicht merkt, wie teuer sein Coffee-to-go und seine Wohnung sind. Die Stadt ist ein Dschungel.

Das Land dagegen ist gesund. Voll gesund. Und total natürlich. Da kann man jeden Melkroboter fragen, jede High-Tech-Seilbahn interviewen, jede Pistenraupe ins Kreuzverhör nehmen, sie werden es einem bestätigen: Nichts ist so natürlich wie diese Natur, die sie verformen. Und auch die Menschen am Land: Wie gut sie alle riechen, wie sie lachen, mit welch offenen Gesichtern sie Dir entgegentreten, Du fühlst Dich sofort willkommen - gesetzt den Fall, Du bist ein zahlungskräftiger Tourist, der gerade seinen "Zweitwohnsitz" in dieser Gemeinde beziehen möchte.

Da wird dann auch nicht lang nach Infektionen oder Tests gefragt, denn am Land ist man ja gesund, weil man ja auf dem Land ist, und weil das Land von sich aus schon so gesund ist, wird auch jeder, der das Land betritt, schon automatisch gesund. So einfach ist das. Überhaupt ist alles viel einfacher am Land. Und wenn es dann plötzlich doch eine Mutation gibt oder sogar zwei, dann muss das der Herrgott wahrscheinlich persönlich hereingetragen haben. Vielleicht war es aber auch die Küchenhilfe, die faule, oder der Hilfskellner, der hinterfotzige. Weil die kommen auch aus dem Ausland wie der Tourist, aber die zahlen nichts. Nein, die muss der Mensch vom Land selbst bezahlen. Als wäre es nicht Ehre genug, für dieses schöne Land auf diesem gesunden Land zu arbeiten. Dem nicht genug: Dann kommen diese Leute aus der Stadt und sagen: Man müsse was tun. Gegen diese ungesunde Ausbreitung. Ein Aktionsplan müsse her. Was? Aso, Aktschionschplan, meinst! Und jetzt haben’s noch Wien, die Stadt, diese dreckige, ungesunde Stadt, runter gestuft auf Orange. . .

Das kann doch nicht wahr sein. Darauf einen Schnaps. Vom Land. Der ist g’sund!